Vor ein paar Tagen habe ich an einer regen Diskussion über das Buch „Tim Cook: The Genius Who Took Apple to the Next Level“ von Leander Kahney teilgenommen. In dieser Biografie porträtiert der Autor den CEO des weltweit wertvollsten Unternehmens, Apple. Das Buch ist im April 2019 erschienen und leider noch nicht in Deutsch verfügbar.
Wir haben im Rahmen unserer Diskussion zehn Punkte erarbeitet, die Tim Cook auszeichnen. Und von diesen Einsichten möchte ich heute eine Auswahl mit Ihnen teilen, die man nicht in den üblichen Erfolgslisten wiederfindet.
1. Charisma wird überbewertet
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Steve Jobs ist Tim Cook alles andere als eine charismatische Figur. Über Cook war vor seiner Ernennung zum CEO wenig bekannt. Er hatte Jobs Bühne und Rampenlicht überlassen. Dementsprechend sorgte sich die (un)informierte Öffentlichkeit über seine Kompetenzen als Führungskraft. Immer wieder kam die Frage auf: Kann es ohne Steve Jobs eine Zukunft für Apple geben?
Tim Cook hat diese Frage eindrücklich beantwortet. Innovative Produkte und eine Verdreifachung des Aktienkurses in den letzten 8 Jahren sprechen eine deutliche Sprache.
Ich lerne: Es kommt in erster Linie auf die Fertigkeiten einer Führungskraft an. Esprit, sprachliche Brillanz und charismatische Bühnenpräsenz mögen hilfreiche Beigaben sein, sie entscheiden aber nicht über den Erfolg oder Misserfolg des Unternehmers.
2. Man ist nicht dauerhaft erfolgreich, wenn man versucht, jemand anderes zu sein
Tim Cook ist jemand, der zu seiner Vergangenheit steht. Aufgewachsen ist er in einer Kleinstadt mit ein paar Tausend Einwohnern und jeder Menge umliegender Landschaft, mitten in Alabama. Er entstammt einfachen Verhältnissen. Keine Esoterik, keine Exzesse, kein Leben in einer Kommune wie sein Vorgänger und „Unternehmensübervater“ Steve Jobs. Tim Cook ist ein sehr privater Mensch, geprägt von einer baptistischen Frömmigkeit. Er hat gelernt, sehr hart zu arbeiten. Und er ist schwul.
Tim Cook ist Tim Cook und das gefällt mir, denn ich lerne: Wenn ich ein Ja zu mir, meiner Prägung und Geschichte habe, macht das aus mir einen attraktiven Menschen. Apropos eigene Geschichte:
3. Die eigene Vergangenheit birgt großes Potenzial. Es kommt darauf an, wie ich mit ihr umgehe
In unserer Diskussion machte ein Gesprächsteilnehmer auf einen Aspekt aufmerksam, den ich so noch nie gesehen hatte. „Zwei Dinge sind wichtig“, sagte der Betreffende, „das, was wir erlebt haben – also unsere eigene Geschichte – und das, was wir daraus machen, also die Geschichte, die wir anderen erzählen.“
Wenn es zwischen dem, was wirklich geschehen bzw. mir widerfahren ist ,und der Geschichte, die ich erzähle, eine signifikante Diskrepanz gibt, werde ich mittelfristig ein Problem bekommen. Ich verweise nur auf das, was Roland Berger über seinen Vater Georg L. Berger behauptet hat. Er hat eine Geschichte erzählt, die so nie stattgefunden hat und das holt ihn jetzt im Alter auf sehr schmerzhafte und unschöne Weise ein.
Ich lerne: Ein uneingeschränktes Ja zu meiner Geschichte und damit auch zu meiner Identität birgt großes Potenzial. Schließlich ist es meine Vergangenheit, die mich zu dem geformt hat, was ich heute bin.
4. Wer die Zukunft gestalten will, sollte die Vergangenheit wertschätzen
Tim Cook hält bis heute das Erbe seines Vorgängers und Apple Gründers Steve Jobs hoch, geht aber zugleich entschlossen eigene Wege. Das gefällt mir! Es zeigt mir, dass man verantwortlich mit dem Erbe der Vorgänger umgehen und zugleich eigene Wege beschreiten kann.
Und was sind die Wege von Tim Cook? Mir imponiert beispielsweise, wie Cook Apple zu einem ökologischen Vorzeigeunternehmen umgebaut hat. Das war ein gewaltiger Kraftakt, in dem Cook sogar Apples Zulieferer in die Verantwortung genommen hat. Heute zahlt sich diese Entscheidung aus.
Eine weitere Kehrtwende hat Apple bei seiner Unterstützung gemeinnütziger Vorhaben vollzogen. Wo Steve Jobs sich ausgesprochen knauserig verhalten hat, unterstützt Apple unter der Führung von Tim Cook gemeinnützige Vorhaben in aller Welt und profiliert sich auf diese Weise als eine Kraft zum Guten.
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