Heute geht es um ein weniger erfreuliches, aber wichtiges Thema. Ich möchte auf persönliche Schuld zu sprechen kommen. Den Anlass bietet ein Vers, der im Andachtsbuch der Herrnhuter Losungen für heute ausgewählt worden ist.
Mir geht es nicht darum, den moralischen Finger heben zu wollen. Im Gegenteil. Weil ich selbst mehrfach damit zu tun hatte und mich jedes Mal schlecht gefühlt habe, weiß ich, dass Schuld notvoll sein kann.
Kleine und große Auswirkungen
Die einen empfinden sie als Belastung. Für sie fühlt sich Schuld wie ein Extragewicht an, das sie in einem unsichtbaren Rucksack mit sich herumtragen. Andere sprechen davon, dass Schuld an ihren Händen klebt.
Egal, welches Sprachbild ich verwende. Schulderfahrungen sind unangenehm.
Wer schon mal wissentlich oder aus Versehen schuldig geworden ist, kann das bestätigen. Selbst wenn meine Schuld nur eine Kleinigkeit ist, so macht sie etwas mit mir. Große Schuld kann mir sogar die Lebensfreude rauben. Sie legt sich wie Mehltau auf alles, was mir lieb und wert ist.
Meistens verspüre ich den Wunsch, es wieder gut zu machen. Aber das Vertrackte an der Situation besteht darin, dass ich mich selbst nicht freisprechen kann. Die Schuld bleibt an mir kleben. Vergebung muss mir zugesprochen werden. Nur dann kehren Unbeschwertheit und Lebensfreude zurück.
Ein Seitensprung mit Folgen
In der Bibel wird ein Vorfall beschrieben, in dem jemand willentlich schwere Schuld auf sich lädt. Die Rede ist von David, der mit Batseba Ehebruch begeht und anschließend dafür sorgt, dass ihr Ehemann Uriah aus dem Weg geschafft wird. Allerdings lässt Gott ihm das nicht durchgehen. Im Auftrag Gottes konfrontiert der Prophet Nathan den König öffentlich mit dessen Schuld.
Für Nathan ist das eine heikle Mission. Könige verhielten sich damals nicht anders als mächtige Menschen das heute tun. Ihnen Schuld öffentlich nachzuweisen kann einem Kopf und Kragen kosten.
Zum Glück sieht David sein Fehlverhalten ein. Er bittet Gott inständig um Vergebung. Die Bibel berichtet an mehreren Stellen über diese Geschichte und überliefert in Psalm 51 sogar sein Bußgebet.
Nachdem David seine Schuld bekannt und um Vergebung gebeten hat, bittet er Gott um dessen Erbarmen, weil er einen Neuanfang wagen will. In Psalm 51, Vers 14 lese ich:
Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.
David hat sein Vergehen öffentlich bekannt und Gott hat seine Bitte um Vergebung angenommen. Damit ist die wichtigste Voraussetzung dafür geschaffen, dass er zur Normalität zurückkehren kann. Allerdings muss sich David den teils sehr unangenehmen und weitreichenden Folgen seines Handelns stellen. Nicht anders verhält es sich heute.
Was kann ich mitnehmen?
Ich frage mich, was ich aus dieser biblischen Geschichte für meinen Alltag mitnehmen kann. Zunächst einmal sind es vier Dinge:
- Menschen werden aneinander schuldig. Das ist normal. Manchmal geschieht das vorsätzlich, wie im Falle von David und Batseba. Bei anderen Gelegenheiten passiert es in Folge unglücklicher Umstände. Beispielsweise verursache ich einen Verkehrsunfall, weil ich abgelenkt oder müde gewesen bin.
- Besser als vertuschen und verleugnen ist es, wenn ich zu meiner Schuld stehe, transparent mit ihr umgehe. Wie so oft im Leben gilt hier die Regel: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Wo hingegen kein Wille ist, da finden sich Gründe und Ausreden.
- Der Heilungsprozess kann dann beginnen, wenn ich meinen Stolz oder meine Angst überwinde und auf die Person zugehe, an der ich schuldig geworden bin. Sie aufrichtig um Verzeihung bitte. Wenn ich die Beziehung zu Gott durch mein Fehlverhalten kompromittiert habe, dann ist es notwendig, das im Gebet anzusprechen.
- Ein vierter Punkt scheint mir besonders wichtig: Der offene Umgang mit beidem, der Schuld und der Tatsache, dass mir vergeben wurde. Der Gedanke daran mag zunächst unangenehm sein, aber dahinter steckt eine tiefe Weisheit. Es ist die nachhaltigste Form, das zu überwinden, was gewesen ist. Lassen Sie es mich einmal folgendermaßen sagen: Wenn ich freimütig darüber spreche, erlaube ich dem unsichtbaren Elefanten im Raum zu schrumpfen. So verliert die Schuld ihre Macht, mein Leben und das meines Gegenübers zu beeinträchtigen und vielleicht sogar zu zerstören.
David bittet Gott in diesem Psalmgebet darum, ihn wieder mit seiner Hilfe zu erfreuen und mit einem willigen Geist auszurüsten. Er möchte zurückkehren zu den „guten Zeiten“ von früher, als noch alles in Ordnung war. Aber er weiß genau, dass das nicht in seiner Macht liegt. Er benötigt Hilfe.
Der Apostel Johannes versichert, dass jeder neu anfangen kann, der im Glauben Jesus Christus um Vergebung bittet. Er schreibt: Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit. 1. Johannesbrief 1, Vers 9
Folge ich diesen Worten, kann ich mich darauf verlassen, dass Jesus Christus mir vergeben wird. Mehr noch, er ist bereit, meine Bitte um Hilfe zu hören und ein neues Kapitel in unserer Beziehung aufzuschlagen.
Zwei Nachgedanken
Eigentlich hatte ich vor, an dieser Stelle den Blog zu beenden. Aber mit einem Mal wurde mir klar, dass es besondere Umstände gibt, die es meinem Gegenüber erschweren, mir zu verzeihen. Meistens ist das dann der Fall, wenn tiefe persönliche Kränkungen vorliegen oder aber die Schuld so schwer wiegt, dass der andere nicht vergeben kann.
In solchen Fällen ist es trotzdem richtig, auf den anderen zu zugehen und die Bitte um Verzeihung und Versöhnung auszusprechen.
Auch wenn es dann nicht mehr in meiner Macht liegt und ich vielleicht mit dieser Spannung lange warten muss, so habe ich doch die Voraussetzungen für eine Veränderung zum Guten geschaffen. Allein dieser Gedanke kann die Last erleichtern helfen.
Ein zweiter Gedanke: Manchmal hilft es, wenn man bei einer Vertrauensperson das eigene Herz ausschüttet. Ein guter Freund oder Freundin, ein Seelsorger oder ein Therapeut können unschätzbar wertvolle Dienste leisten. Sie sollten allerdings besonders auf Verschwiegenheit achten.Soweit für heute. Wenn Sie weitere Andachten lesen oder hören möchten, dann empfehle ich Ihnen, auf meiner Homepage die Übersichtsseite „Impuls“ aufzurufen. Vergangene Woche habe ich beispielsweise darüber nachgedacht, was es heißt, wenn „Ich bete, aber der Himmel schweigt“.
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- Was habe ich mir bloß dabei gedacht?!: Foto von Jacqueline Day auf Unsplash