Allein mit einem Problem
Einen Freund oder eine Freundin zu haben, mit der man über wichtige Themen sprechen kann, ist ein Geschenk.
Ich bin sehr dankbar für Menschen, die mir in wichtigen Situationen und an Weggabelungen zugehört und mich mit hilfreichen Fragen herausgefordert haben. Das war nicht immer leicht für mich, aber es hat gut getan.
Bei der „Religiösen Gesellschaft der Freunde“, deren Mitglieder weithin auch als Quäker bekannt sind, gibt es eine Einrichtung, die mir imponiert: das Komitee der Klarheit.
Eine bemerkenswerte Unterstützung
Es besteht aus verschiedenen Menschen, die von dem Hilfesuchenden eingeladen werden, mit ihm oder ihr gemeinschaftlich auf ein wichtiges Thema zu schauen. Dabei geht es nicht darum, dem Betreffenden zu sagen, was er oder sie tun oder lassen soll. Im Vordergrund steht vielmehr die Unterstützung bei einem Klärungsprozess.
Besonders wertvoll finde ich die bunte Mischung des Komitees und die Regel, dass Meinungen, Ratschläge und Urteile nicht erlaubt sind. Am Ende des Prozesses muss der oder die Hilfesuchende selbst entscheiden.
Spannend finde ich den Gedanken, dass sich Menschen Zeit nehmen und mir durch wohlwollende und kluge Fragen helfen, Klärung in meinem Leben herbeizuführen.
Parker Palmer, ein Experte für den Prozess der Komitees der Klarheit schreibt: „Jeder von uns hat einen inneren Lehrer, eine Stimme der Wahrheit, die die Leitung und die Kraft liefert, die wir brauchen, um mit unseren Problemen fertigzuwerden. Mit seinen Fragen will das Komitee der Klarheit Menschen helfen, diese innere Stimme zu verstärken und Klarheit darüber zu gewinnen, wie sie weitermachen oder entscheiden sollten.“
Warum ich das Thema anspreche
In unserer Gesellschaft gibt es viele Kräfte, die Einfluss nehmen wollen. Sei es, weil sie ein kommerzielles, politisches oder weltanschauliches Anliegen haben. Gleichzeitig beobachte ich eine zunehmende Vereinsamung. Menschen fühlen sich alleingelassen, wenn es darum geht, Klarheit über für sie wichtige Fragen zu erlangen.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich für jemanden als eine Art Komitee der Klarheit in Kleinformat anzubieten? Ich weiß, dieser Gedanke ist gewöhnungsbedürftig. Vielleicht fragen Sie sich: Warum sollte ich das tun? Was hätte ich davon? Wäre das nicht übergriffiges Verhalten?
Ich glaube, dass ein solches Angebot nur dann richtig verstanden und auch angenommen wird, wenn man zuvor aufs „Beziehungskonto“ eingezahlt hat.
Zugewandtheit und echtes Interesse am anderen ist Voraussetzung. Es versteht sich, dass ein solches Angebot auf natürliche Weise und mit selbstlosen Motiven erfolgen muss. Das Gegenüber darf sich nicht bedrängt oder genötigt fühlen. Und es darf nicht den Verdacht schöpfen, dass Sie in Wahrheit eine Agenda verfolgen.
Aber überlegen Sie doch einmal: Wie wäre das, wenn Sie durch die eine oder andere mit Bedacht gestellte, offene Frage[1] jemandem eine echte Hilfe werden? Wäre das nicht unter Umständen für Sie genauso wertvoll, wie für Ihr Gegenüber?
[1] Offene Fragen können im Gegensatz zu geschlossenen Fragen nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden. Sie sind wertvoll, weil Sie bis dahin verschlossene Denkräume eröffnen können.
Bildquellen
- pexels-pixabay-220211: Foto von Pixabay: https://www.pexels.com/de-de/foto/wassertropfen-220211/