Was eine Ente, ein Dampfer und ein Chef gemeinsam haben

Ich schreibe heute über Auswirkungen. Konkret geht es mir um das, was quasi en passant bei der Führung von Menschen passiert. Um das zu illustrieren, greife ich auf ein Bild zurück, das wir alle gut kennen. 

Überraschender Wellengang

Vielleicht habe Sie das schon einmal erlebt: Sie sonnen sich am Meeresstrand. Nur ein leises Lüftchen weht. Die See ist spiegelglatt. Plötzlich, wie von Geisterhand herbeigezaubert, landen ein paar größere Wellen an. Wenige Momente später ist alles wie vorher: ruhig und friedlich. 

Die Wellen haben zu einem Schiff gehört, das vor längerer Zeit in der Ferne vorbeigezogen ist. Sie haben es kaum beachtet, vielleicht längst vergessen. Derweil haben sich die Wellen im (mehr oder weniger) spitzen Winkel zum Schiff ausgebreitet und schließlich den Strand erreicht, an dem Sie sich sonnen.  

Nichts Ungewöhnliches

Was ich beschreibe, ist nichts Außergewöhnliches. Jedes Objekt, das sich im Wasser bewegt, erzeugt Wellengang. Für die Ente mit ihren 6-8 Küken gilt es genauso, wie für den mehrere hundert Meter langen Ozeanriesen: Wenn Objekte im Wasser bewegt werden, entstehen Wellen. 

Wer Menschen oder Organisationen führt, gleicht einem Schiff, das sich im Wasser vorwärts bewegt. Auch hier entsteht »Wellengang«. 

Die Frage lautet: Was alles gerät in Bewegung, wenn Sie Ihrer Führungsverantwortung nachgehen? Auf jeden Fall mehr, als Ihnen zunächst bewusst ist. Das liegt daran, dass Sie in der Führung die Aufgabe oder das Projekt sehen, also den großen »Pott«, den es zu bewegen gilt und nicht den entstehenden Wellengang. 

Was aber ist mit der Bugwelle, was mit dem Kielwasser? Sind das nicht einfach Begleiterscheinungen, die immer auftreten und die man besser hinnimmt? 

Die Bugwelle, das verdeckte Problem

In der Schifffahrt weiß man um die Problematik der Bugwelle. Ingenieure setzen alles daran, sie möglichst auf ein Minimum zu reduzieren, denn sie wissen, dass die Bugwelle Widerstand bedeutet. Und um Widerstand zu überwinden, braucht man teuren Treibstoff!    

Wie also ist der Wellengang beschaffen, den Ihr Führungsstil auslöst?  Welche Wirkung entfalten Sie, wenn Sie durch die Firma pflügen? Wie wirken Ihre Entscheidungen nach, wenn Sie schon längst weitergezogen sind?

Es spielt keine Rolle, ob der »Wellengang«  beabsichtigt ist oder nicht. Er ist da und Sie sollten sich in Ihrem eigenen Interesse mit dem auseinandersetzen, was Sie verursachen. Es geht um Widerstände, die Sie auf dem Weg zu Ihrem Ziel überwinden müssen und Folgen, die sich außerhalb Ihres Verantwortungsbereichs ereignen.   

Zusammengefasst kann man sagen: Es geht um den Preis Ihres Erfolgs als Führungskraft, wobei ich Erfolg hier nicht im Sinne von Erklimmen von Karrierestufen verstehe. Erfolg hat in meinen Augen direkt mit Gelingen zu tun. Gelingt es Ihnen, der Ihnen übertragenen Führungsverantwortung nachhaltig gerecht zu werden? Werden Sie der Ihnen gestellten Aufgabe gerecht? Welchen Preis müssen Sie, sind Sie bereit, zu zahlen? 

Die Botschaft des Kielwassers

Was findet man in Ihrem Kielwasser? Ziele, Wachstum, ein besseres Miteinander im Team, erfolgreiche Geschäftsabschlüsse, eine wertvoller werdende Marke? Oder ist es eher anders herum: Das Kielwasser Ihres Führungsverhaltens lässt einen Schlingerkurs infolge mangelnder Konzentration erkennen. Ziele werden nicht erreicht, die Organisation kämpft mit chaotischen Verhältnissen, Mitarbeiter ziehen sich zurück und verhalten sich passiv. Gelder und Ressourcen werden verschwendet. 

Die unangenehme Wahrheit besteht darin, dass Kielwasser nicht lügt. Man kann mit ihm auch nicht diskutieren. Man kann es auch schlecht wegerklären. Das Kielwasser ist, was es ist: Ein Ausdruck dessen, was vorausgegangen ist. Eine Tatsache, die jeder betrachten und bewerten kann.

Mit Blick auf Bugwelle und Kielwasser beschreibt der Psychologe Henry Cloud treffend: Auf der einen Seite hinterlassen wir Arbeitsergebnisse, wirtschaftliche Erfolge oder auch Misserfolge, kurz, das, was man quantifizieren bzw. messen kann. Auf der anderen Seite stehen die »Beziehungsergebnisse«. Sie sind weniger leicht zu greifen, aber genauso real. Gemeint ist das, was beispielsweise nach einer Interaktion in den Köpfen und Herzen des Gegenübers zurückbleibt.

Die entscheidende Frage lautet, und die möchte ich Ihnen sehr ans Herz legen: Was bleibt von dem zurück, was ich ausgelöst habe? 

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