Warum geht’s nicht voran?

Mit bedeutungsschwerem Blick zeigte mir Mike die einseitig abgefahrenen Vorderreifen unseres Kleinwagens.

„Die Spur stimmt nicht“, meinte er. „Die Achsen müssen dringend neu vermessen werden.“ Ich hatte mich schon gewundert, warum der Wagen leicht in eine Richtung zog. Nun wusste ich die Ursache.

Wenn die Spur nicht stimmt, kommt es zu unnötigen Abnutzungserscheinungen. Das ist ärgerlich, teuer und kann gefährlich werden. Denn mit verstellter Spur ändert sich das Fahrverhalten eines Autos. Was anfangs kaum merklich ist, kann später drastische Konsequenzen nach sich ziehen.

Nicht anders ist es im Führungsalltag. Es ist wesentlich, dass die »Spur stimmt«. Besonders deutlich wird dies, wenn es heißt, Aufgaben bzw. Entscheidungen im Team umzusetzen.

Eine zwingenden Logik

Gehört heißt nicht verstanden. Verstanden heißt nicht einverstanden. Einverstanden heißt nicht umgesetzt. Dieser Logik folgend unterscheide ich mehrere Stadien:

  1. Entscheidungen bzw. Aufgabenstellungen werden zur Kenntnis genommen. Hier hat lediglich das Mindestmaß an Kommunikation stattgefunden. Die Mitarbeiter haben zugehört und verstanden, dass irgendwann irgendwas passieren soll. Ein Handlungsauftrag wird zu diesem Zeitpunkt nicht verspürt. Die „die-da-oben“ – Haltung herrscht vor.
  2. Entscheidungen bzw. Aufgabenstellungen werden akzeptiert. Noch immer fehlt jegliche Motivation. Man hat sich lediglich seinem Schicksal gefügt, etwa so, wie man sich dem ersten Wintereinbruch fügt, weil man weiß, dass das zur Jahreszeit dazugehört und man so oder so keinen Einfluss auf das Wetter nehmen kann. Von einer positiven inneren Beteiligung kann in diesem Stadium keine Rede sein.
  3. Entscheidungen bzw. Aufgabenstellungen erfahren Zustimmung. In den meisten Unternehmen gilt diese Stufe als Erfolg. Die Teammitglieder stimmen beispielsweise einem Plan X zu. Gerne wird übersehen, dass die Zustimmung nur so lange gilt, bis jemand anderes mit scheinbar besseren Argumenten auftritt. Zustimmung ist demnach eine prekäre Angelegenheit.
  4. Entscheidungen bzw. Aufgabenstellungen werden mitgetragen. Hier stehen Mitarbeiter zu einem Vorhaben, auch wenn sie selbst anderer Meinung sind, weil sie gehört und wertgeschätzt wurden und weil sie bewusst ihre eigenen Überzeugungen zurückstellen. Als Führungsperson können Sie sich sicher sein, dass alle Beteiligten ihr Bestes nicht nur versprechen, sondern auch einlösen.

Wussten Sie, dass eine erschreckend hohe Zahl von Projektideen nur deswegen scheitert oder unbefriedigend ausgeführt wird, weil Mitarbeiter nie über das Stadium zwei hinauskommen? Verantwortlich für das Scheitern sind in den seltensten Fällen die Mitarbeiter. In der Regel haben Vorgesetzte er versäumt, ausreichend für das Anliegen oder den Auftrag zu werben.

Die Voraussetzung

Stadium vier (Mitarbeiter tragen eine Entscheidung bzw. ein Anliegen mit) setzt voraus, dass Sie klar kommunizieren, einen angstfreien Raum für Widerspruch schaffen und Zeit zum Nachdenken ermöglichen. Unter einem angstfreien Raum verstehe ich einen Ort, an dem man engagiert anderer Meinung sein darf, ohne gleich Konsequenzen fürchten zu müssen. Gibt es diesen Raum nicht, züchten Sie Ja-Sager bzw. verbleiben Ihre Mitarbeiter in Stadium drei stehen. Schaffen Sie hingegen Raum für Bedenken und andere Meinungen, werden Sie merken, dass Ihre Mitarbeiter es wertschätzen, gehört worden zu sein. Oft reicht das schon aus, um das Mittragen einer Entscheidung zu ermöglichen.

Zu guter Letzt: Mit Teams ist das wie mit einem Auto. Die Spur muss immer wieder mal nachjustiert werden, denn ein großes Schlagloch kann ausreichen, um den Radlauf zu verstellen.

Frage: Wann waren Sie das letzte Mal in einem Team der Stufe 4 tätig?

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Bildquellen

  • Reifenschaden Aygo: Foto privat

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