Ein Wesensmerkmal von Führungskräften ist ihre Umtriebigkeit. Deswegen heißen Unternehmer ja auch Unternehmer und nicht Unterlasser. Häufig sind sie beseelt und noch häufiger regelrecht getrieben von dem Verlangen, Dinge verändern zu wollen, weil sie tief drinnen unzufriedene Menschen sind.
Diese Menschen zeichnet aus, dass sie ein Bild von dem in sich tragen, was sein könnte, eine Art Sehnsuchtsbild. Auf dieses Ziel streben sie mit aller Macht zu.
Das Streben nach der Erfüllung der Vision ist in der Tat ein sehr starker Motor. Aber es gibt auch eine dunkle Seite, über die wenig gesprochen wird: Unzufriedenheit kann die eigene Lebensqualität beeinträchtigen, ja, im Extremfall Existenzen zerstören. Carey Nieuwhof hat neulich darüber geschrieben. Ich möchte einige seiner Gedanken aufgreifen und weiterentwickeln, weil diese Gedanken mich herausgefordert haben.
Wenn Maßlosigkeit sich zur Unzufriedenheit gesellt, dann ist Gefahr im Verzug! Deshalb die Frage: Auf was muss ich achten, damit meine Unzufriedenheit nicht zerstörerisch wirkt?
Nachfolgend habe ich ein paar Indizien zusammengetragen:
1. Können Sie unbeschwert Ihre eigenen Erfolge und die anderer feiern?
Einerseits ist da der berechtigte Stolz darüber, dass etwas gelungen ist. Sie und Ihr Team haben Bemerkenswertes geleistet. Jetzt ist die Zeit gekommen, ordentlich zu feiern. Gleichzeitig nehmen Sie in sich eine Unzufriedenheit wahr, weil Sie das Gefühl nicht loswerden, dass Sie mehr hätten erreichen können. Es macht sich das Gefühl der Enttäuschung breit – und das mitten im Erfolg.
Eine Studie unter Sportlern hat ergeben, dass die Gewinner einer Silbermedaille deutlich unzufriedener mir ihrer Leistung waren als jene, die nur eine Bronzemedaille gewonnen hatten. Warum? Während die einen dankbar waren, es bis aufs Treppchen zu schaffen, waren die anderen enttäuscht, dass es nicht zu Gold gereicht hat.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie an dieser Stelle besser sind als ich, denn ich habe mir manchen Erfolg innerlich kleingeredet und bin so an meinem Team schuldig geworden.
Wenn Sie Ihren eigenen Erfolg und den ihres Teams-/-der Kollegen nicht unbeschwert feiern können, haben Sie ein ernstes Problem. Sie müssen das angehen, denn – wenn Sie es nicht tun – wird das auf die Dauer negative Auswirkungen auf die haben, die mit Ihnen gekämpft haben. Glauben Sie mir bitte, selbst wenn Sie mit keinem Wort Ihre heimliche Unzufriedenheit erwähnen, man wird sie Ihnen anmerken. Und das reicht aus, um die Freude der anderen zu verderben.
2. Wie ist es um Ihre Dankbarkeit bestellt?
Die zweite Frage zielt in eine ähnliche Richtung. Allerdings geht es hier um die persönliche Haltung. Ich denke an das berühmte halb volle bzw. halb leere Glas. Die Fakten mögen identisch sein, die Wahrnehmung ist es nicht. Und auf diese kommt es an.
Sie können Ihr Team binnen kürzester Zeit demotivieren, wenn Ihnen der Perspektivwechsel nicht gelingt. Deshalb: Machen Sie nicht nur dankbar klingende Worte, zeigen Sie Ihre Dankbarkeit.
3. Werden zu viele Bereiche Ihres Lebens betroffen?
Die persönliche Rastlosigkeit greift wie eine Krake um sich. Wenn es Ihnen nicht mehr gelingt, Freiräume zu schaffen, haben Sie ein ernstes Problem. Deshalb sollten Sie sich diesem Thema konsequent widmen. Planen Sie Freiräume in Ihrem Kalender ein. Es gilt ja die Regel: Was im Terminkalender steht, wird meistens wahrgenommen. Freiräume in den Kalender einzuplanen hat aber noch einen weiteren Vorteil: Wenn jemand Sie buchen will, dann können Sie mit aufrichtigem Gewissen ablehnen, weil Sie bereits einen anderen Termin, eine andere Verpflichtung, haben.
Vielleicht müssen Sie sich den Sonntag bzw. das Wochenende zurückerobern. Möglicherweise sollte um 18:30 Uhr “der Hammer fallen”, sprich, Sie den Feierabend antreten. Was auch immer Sie für sich entscheiden, denken Sie bitte daran: Alles hat nicht nur seine Zeit, es hat auch seinen Preis.
4. Welche Botschaft kommunizieren Sie in Auswertungsgesprächen?
Auswertungsgespräche sind notwendig und hilfreich, um sich noch einmal vor Augen zu führen, was gut, ja, vielleicht sogar hervorragend war. Es ist aber auch die Gelegenheit, um das zu besprechen, was missglückt ist.
Bitte überlegen Sie für einen Moment, bevor Sie sich äußern: Ist das Niveau Ihrer Kritik so hoch, dass Sie durch Ihre Worte die erbrachte Leistung unnötigerweise relativieren? – Sollte das der Fall sein, könnte das zum Problem werden.
Es geht mir an dieser Stelle nicht um berechtigte und deshalb notwendige Kritik, sondern darum, dass Sie sich selbst erlauben, negativ zu werden. Deshalb: Achten Sie während der Auswertung auf Ihre Haltung. Ist sie dem Team zugewandt? Sind Ihre Gedanken und Worte geprägt von Dankbarkeit und Wertschätzung?
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