Vermeiden Sie diesen kritischen Denkfehler!

Podcast: Vermeiden Sie diesen kritischen Denkfehler!

Wer kennt sie nicht: Die Artikel mit den verheißungsvollen Überschriften: 

  • 5 Punkte zur finanziellen Freiheit.
  • 4 Tipps, um dauerhaft abzunehmen.
  • 7 Dinge, die du unbedingt bei der Karriereplanung beachten musst.

So griffig die Überschriften auch sind, häufig halten sie ihr Versprechen nicht. Jedenfalls habe ich diese recht enttäuschende Erfahrung machen müssen. 

Es ist eher so gewesen, dass das, was angepriesen wurde, bei mir nicht funktioniert hat. Weder bin ich in einem Jahr Millionär geworden, noch habe ich ohne Anstrengung mein Idealgewicht erreicht. Im Gegenteil: Meistens war am Ende des Geldes mehr Monat übrig, als mir das lieb war. Auch wollten die Pfunde bei mir nicht purzeln.

Was ist das Problem? 

Das Problem lässt sich so zusammenfassen: Menschen haben’s gerne einfach und schätzen zudem, wenn das Ziel möglichst schnell erreicht wird. Kann die Lösung in ein paar wenigen griffigen Sätzen zusammengefasst werden, dann ist das umso besser. Es versteht sich, dass man bei den Erfolgreichen oder denen, die sich den Anschein geben, erfolgreich zu sein, besonders gerne zuhört. 

Das ist aber leider zu kurz gedacht, denn eine Tatsache wird nicht berücksichtigt: Die Wirklichkeit ist sehr komplex. Oft nehmen verborgene Faktoren Einfluss auf die Erfolgschancen eines Vorhabens. Bloß weil jemand in einer bestimmten Situation Erfolg gehabt hat, lässt sich das nicht automatisch auf andere Menschen und deren Lebenswirklichkeiten übertragen. 

Der Denkfehler, der zugrunde liegt, wird als Survivorship Bias, zu deutsch Überlebenden-Verzerrung bezeichnet. Was es damit auf sich hat, will ich anhand eines Beispiels erläutern: 

Ein Beispiel gefällig? 

Im 2. Weltkrieg tobte über Europa und dem Pazifik ein harter Luftkampf. Bomberverbände starteten aus Großbritannien kommend verheerende Angriffe auf deutsche Städte. Hamburg, Köln, Nürnberg, Dresden. Deutsche Städte brannten lichterloh. 

Natürlich setzten sich die Verteidiger mit Artillerie und Jagdfliegern zu Wehr. Amerikanische und britische Bomber wurden reihenweise abgeschossen oder aufs Schwerste lädiert. Manches Flugzeug, das es zurück auf die Insel schaffte, war von Einschusslöchern nur so übersäht. 

Das führte Ingenieure zu der Frage, warum manchmal die Rückkehr gelang, während andere Flugzeuge es nicht zurück zur Basis schafften. Um das Geheimnis zu lüften, kartografierte man sämtliche Löcher an Rumpf und Flügeln. Bald ließ sich ein Muster erkennen: Die äußeren Enden der Flügel, der Flügelansatz am Rumpf, der mittlere Rumpfabschnitt und das Höhenleitwerk waren besonders häufig durchlöchert. Das Cockpit und der Bereich um die Triebwerke hingegen wiesen erstaunlich wenige Einschusslöcher auf. 

Man überlegte daraufhin, die besonders schwer beschädigten Areale der Bomber mit besserer Panzerung zu verstärken. Ziel war es, so die Widerstandsfähigkeit der Flugzeuge zu erhöhen. 

Auf den ersten Blick schien diese Maßnahme sinnvoll. Allerdings war der Statistiker Abraham Wald anderer Meinung. Er vertrat die Ansicht, dass jene Flugzeuge, die im Bereich der Triebwerke und des Cockpits getroffen worden waren, nicht hatten untersucht werden können, weil sie bereits abgestürzt waren.

Anders gesagt: Ausgerechnet die Tatsache der fehlenden Einschüsse wurde zum Beweis dafür, dass diese Bereiche besonders schützenswert waren. 

Abraham Wald bezeichnete die falsche Schlussfolgerung als  Survivorship Bias

Das Konzept wurde weiterentwickelt. Heute versteht man unter Survivorship Bias eine systematische Überschätzung der Wahrscheinlichkeiten eines Erfolgs.  

Das Phänomen lässt in der Geschäftswelt beispielsweise erfolgreiche Personen oder Zustände stärker sichtbar werden als nicht erfolgreiche. Dabei gibt es für jeden „Shootingstar“ in der Gründerszene mindestens acht oder neun, die einen wirtschaftlichen Misserfolg haben verkraften müssen. 

Was ist zu tun? 

Während ich nachdenke, drängen sich mir zwei Worte auf: Skepsis und Umsicht.

Ich glaube, dass schon viel erreicht ist, wenn man mit einer Portion wohlwollenden Argwohn zu Werke geht. Wie gesagt, es geht um wohlwollende Skepsis. Also eine Haltung, die offen ist für eine einfache Lösungsmöglichkeit, aber darüber hinaus alternative oder ergänzende Erklärungen in Betracht zieht. 

Umsicht bezieht sich auf die Blickrichtung. Das bedeutet, dass sie neben dem sichtbaren Erfolg auch noch weitere Möglichkeiten bedenkt: Beispielsweise unsichtbare Erfolge, sichtbare und unsichtbare Misserfolge. Erst nach Bewertung aller Fakten kann Survivorship Bias ausgeschlossen werden.

Damit komme ich zurück zu den eingangs erwähnten, verlockend klingenden Überschriften. Wie gehe ich mit ihnen um? 

Am besten ist es, wenn ich die Zahlen einfach als Aufzählungshilfen betrachte und mir im Übrigen gedanklich Raum für weitere Perspektiven gestatte. Die oben erwähnte, wohlwollende Skepsis kann dabei wertvolle Dienste leisten. 

Zu guter Letzt… 

Soweit ein paar Gedanken zum Thema Denkfehler. Es würde mich sehr freuen, wenn die eine oder andere Anregung für Sie dabei war. Weiteren Lesestoff finden Sie in den Rubriken leitenlebenpersönliche Entwicklung und Produktivität. Gerne nehme ich Anregungen und auch Kritik entgegen. Schreiben Sie mir unter info@leitenundleben.de

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