Der 11. September ist für Amerikaner ein besonderes Datum. Noch nie wurden sie im eigenen Land angegriffen. Aber das ändert sich als mehrere Al-Qaida-Terroristen insgesamt 4 Passagierflugzeuge entführen. Zwei Maschinen bringen die beiden Türme des World Trade Centers zum Einsturz, ein weiterer Airliner trifft das Pentagon. Die vierte Maschine nimmt Kurs auf den Amtssitz des US-amerikanischen Präsidenten.
Ich habe auf der Business-Plattform LinkedIn die Mitschrift eines Notrufs gelesen, der sich am 11. September 2001 so oder so ähnlich zugetragen hat.
Mich haben die Worte sehr bewegt. Deswegen veröffentliche ich an dieser Stelle die deutsche Übersetzung von Teilen dieses Anrufs. Ich möchte auf diese Weise den Menschen meinen Respekt zollen, die mutig ihr Leben riskiert und sich mit aller Kraft dem Bösen entgegengestemmt haben.
Ein Wort der Vorsicht
Es gibt kein wörtliches Transkript des Telefonats, da das Gespräch nicht aufgezeichnet wurde. Der nachfolgende Gesprächsverlauf basiert auf handschriftlichen Notizen und den Erinnerungen der betreffenden Damen in der Notrufzentrale. – Da ein FBI-Beamter einen Großteil des Telefonats mitgehört und keinen Einspruch gegen die Veröffentlichung der Inhalte eingelegt hat, gehe ich davon aus, dass das Gespräch sich in etwa so zugetragen hat.
Die Beteiligten
Gegen 9:43 Uhr geht am 11. September ein Notruf ein. Todd Beamer ist am Apparat. Am anderen Ende nimmt Phyllis Johnson das Gespräch entgegen. Später führt ihre Kollegin Lisa Jefferson das Telefonat weiter.
Todd Beamer ist Passagier von United Airlines Flug 93. Er ist unterwegs von Newark nach San Francisco. Kurz vor seinem Anruf haben mehrere Terroristen das Flugzeug unter ihre Kontrolle gebracht. Angeblich wollen sie den Flieger zu einem anderen Zielort umleiten. Wie sich später herausstellt, ist ihr Ziel vermutlich das Weiße Haus, der Amtssitz des US-amerikanischen Präsidenten.
Der Anruf
Todd: Hallo… Vermittlung… hören Sie mir zu… ich kann nicht sehr laut sprechen. – Dies ist ein Notfall. Ich bin ein Passagier auf einem United Flug nach San Francisco… Wir haben hier ein Problem….Unser Flugzeug wurde entführt… Können Sie mich verstehen?
Lisa: (atmet tief ein und aus) Ich verstehe… Können die Entführer Sie beim Telefonieren sehen?
Todd: Nein.
Lisa: Können Sie mir sagen, wie viele Entführer im Flugzeug sind?
… (Die Telefonistin und Todd tauschen Informationen aus, und sie holt das FBI an den Apparat, wobei detaillierte Informationen hin und her gehen) ….
Todd: Lisa, können Sie etwas für mich tun?
Lisa: Ich werde es versuchen…, wenn ich kann… Ja.
Todd: Sie haben den gleichen Namen wie meine Frau…Lisa….Wir sind seit 10 Jahren verheiratet. Sie ist mit unserem 3. Kind schwanger. Sagen Sie ihr, dass ich sie liebe… ich werde sie immer lieben… Wir haben zwei Jungs… David, er ist 3 und Andrew, er ist 1. … Sagen Sie ihnen … (Todd schluchzt) sagen Sie ihnen, dass ihr Daddy sie liebt und stolz auf sie ist. (Er räuspert sich erneut) Unser Baby soll am 12. Januar geboren werden… Ich habe ein Ultraschallbild gesehen… es war großartig… wir wissen immer noch nicht, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist… Lisa?
Lisa: (kaum in der Lage zu sprechen) Ich werde es ihnen sagen, ich verspreche es Todd.
Todd: Ich gehe zurück zur Gruppe – wenn ich zurückkommen kann, werde ich…
Lisa: Todd, lassen Sie diese Leitung offen… sind Sie noch da? …
Todd: (atmet etwas schwerer) Ich habe mit den anderen gesprochen… und wir haben entschieden, dass wir keine Spielfiguren in diesem selbstmörderischen Plan der Entführer sein wollen.
Lisa: Todd, was werden Sie tun?
Todd: Wir haben einen Plan ausgeheckt. Vier von uns werden sich auf den Entführer mit der Bombe stürzen. Nachdem wir ihn ausgeschaltet haben, brechen wir in das Cockpit ein. Eine Stewardess holt kochendes Wasser, um es auf die Entführer am Steuer zu schütten. Wir holen sie… und schalten sie aus. Lisa, … würden Sie eine letzte Sache für mich tun?
Lisa: Ja… Was ist es?
Todd: Würden Sie mit mir beten?
Beide beten: Vater unser, der du bist im Himmel
Geheiligt werde dein Name,
Dein Reich komme, dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern,
Und führe uns nicht in Versuchung
sondern erlöse uns vom Bösen
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
Für immer… Amen
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln…
Er lässt mich ruhen auf grünen Auen
Er führt mich an stillen Wassern entlang
Er erquickt meine Seele
Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit
um seines Namens willen
Auch wenn ich durch das Tal des Todesschattens gehe
fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir…
Todd: (leiser) Gott hilf mir… Jesus hilf mir… (räuspert sich und wird lauter)
Seid ihr Jungs bereit?…
Let’s Roll! (Auf gehts…)
Nach diesen Worten beginnt um 9:57 Uhr der Angriff. Mehrere Passagiere liefern sich einen Todeskampf im Flugzeug, den der Stimmrekorder im Cockpit dokumentiert. Sechs Minuten später stürzt Flug 93 in Pennsylvania ab. Todd und die anderen Passagiere sterben als Helden und retten viele Leben in Washington D.C.
Weitere Quellen
Die Frankfurter Rundschau hat einen lesenswerten Bericht recherchiert. Wenn Sie darüber hinaus Interesse haben, können Sie ein TV-Interview mit Lisa Jefferson hier anschauen. Das offizielle Memorandum for the Record wurde von John Raidt für das Nationalarchiv verfasst. Eine Zusammenfassung aller Notrufe finden Sie hier: Phone Calls from Flight 93.
Bildquellen
- lerone-pieters-MU_OlJ_EQWU-unsplash: Foto von Lerone Pieters auf Unsplash