Für den drittletzten Sonntag im Kirchenjahr wird meine Aufmerksamkeit auf eine Aussage von Jesus gerichtet, die weitreichende Bedeutung hat. Matthäus zitiert Jesus in Kapitel 5 des nach ihm benannten Evangeliums mit den Worten:
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Matthäus 5, Vers 9
Dieser Satz stand in zurückliegenden Jahrzehnten im Zentrum manch friedensbewegter Vorträge während Kirchentagen. Heute scheint er infolge der kriegerischen Handlungen in der Ukraine an Popularität eingebüßt zu haben. Ich nehme mit einem gewissen Unbehagen zur Kenntnis, wie schnell sich Europa mit der Tatsache des neuen Krieges arrangiert hat. Kann es sein, dass die Maxime der Nachkriegsgeneration „nie wieder Krieg“ ausgedient hat?
Vorbilder in der jüngeren Geschichte
Wenn ich an Politiker denke, die als Friedensstifter aufgetreten sind, fallen mir sofort Konrad Adenauer und Charles de Gaulle ein. Ihre Bemühungen um ein Ende der jahrhundertealten Feindschaft zwischen Deutschen und Franzosen ist ein schönes Beispiel dafür, wie Menschen in Verantwortung ihren Einfluss zum Guten nutzen können. Jimmy Carter gelang es, am 26. März 1979 einen Friedensvertrag zwischen Israels Ministerpräsident Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat zu verhandeln. Ein weiteres beeindruckendes Beispiel dafür, dass Frieden möglich ist, wenn Menschen das wollen.
Wie wunderbar wäre es, wenn jemand einen Weg finden würde, wie der russisch-ukrainische Krieg auf friedliche Weise beendet werden könnte. So wie sich die Kriegsparteien aktuell verhalten, bleibt das wahrscheinlich ein frommer Wunsch.
Die persönliche Dimension
Ich glaube, dass die Worte Jesu auch für mein persönliches Leben bedeutend sind. Frieden stiften beginnt zu Hause in den eigenen vier Wänden. Es erstreckt sich auf die Nachbarschaft, das Vereinsleben und den Kollegenkreis. Und ja, es zeigt sich beispielsweise auch in meinem Verhalten als Verkehrsteilnehmer.
Ich bin wichtig
Frieden stiften bedeutet, dass ich mich sehr wichtig nehme. Ja, Sie haben das richtig gelesen: Ich muss mich wichtig nehmen. Vielleicht fragen Sie sich, wie ich auf einen derart abgefahrenen Gedanken komme. Nun, es ist einfach. Es kommt auf mich und meinen Beitrag an, ob Frieden gelingen kann. Frieden stiften ist nicht nur etwas für die anderen oder „die da droben“. Ich bin gefragt, muss mich einbringen, unter Umständen ins Risiko gehen.
Bezahle ich den Preis?
Wer Frieden stiften will, muss bereit sein, dafür einen Preis zu zahlen. Und der kann – je nach Umstände – teuer sein. Es kann bedeuten, dass ich um eines höheren Guts Willen Abstriche von meinem Recht hinnehme. Das zu vermitteln ist in unserer Gesellschaft nicht leicht. Wer verzichtet schon gerne auf das, was ihm zusteht?
Ich bin davon überzeugt, dass nur der Frieden stiften kann, der eine Haltung der Großzügigkeit lebt, dankbar auf das Eigene blickt und bereit ist, freimütig zu teilen.
Ins Risiko gehen
Zum Frieden bereit sein heißt aber auch, meine Waffen oder das, was ich als Faustpfand von meinem Feind in den Händen halte, zur Seite zu legen. Ich gehe ein Risiko ein, denn ich mache mich verletzbar und das kann von übelmeinenden Menschen ausgenutzt werden. Nachhaltig Frieden stiften – das ist nichts für Feiglinge. Es erfordert Mut und ist, wenn es gelingt, eine der befriedigendsten Erfahrungen überhaupt.
Soweit meine Gedanken zum Motto des drittletzten Sonntags im Kirchenjahr.
Segen
Ich möchte Ihnen – wie immer an dieser Stelle – ein Angebot unterbreiten. Ich werde ein Segensgebet sprechen. Wenn Sie möchten, können Sie den Zuspruch dieses Segensgebets als Ihre eigene Bitte an Gott verstehen.
Ich bete: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird dein Herz und Sinn bewahren in Christus Jesus. Philipper 4, Vers 7
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen friedvollen Sonntag und eine gute Woche unter dem Segen des Höchsten. Bis bald!
Bevor ich‘s vergesse…
Mehr zum Thema Frieden stiften, können Sie hier lesen: Glücklich ist, wer Frieden stiftet und Frieden stiften – Wie geht das?
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