Mit komischen Vorstellungen aufräumen

Podcast: Mit komischen Vorstellungen aufräumen

Endlich ein bisschen Wintergefühl, denke ich mir beim Blick aus dem Fenster. Bei uns hat es ordentlich geschneit. Mit einem Mal ist die Welt in ein märchenhaftes Weiß gekleidet. Dieser Anblick ist viel besser als das graubraune Einerlei mit den frühlingshaften Temperaturen der letzten beiden Wochen. Mit 8° Celsius über dem langjährigen Durchschnitt haben wir einen zweifelhaften Temperaturrekord mitten im Januar verzeichnet. Der Klimawechsel lässt grüßen!

Den ausführlichen Blick aus dem Fenster habe ich mir nach meiner morgendlichen Meditation gegönnt. Ich habe mich heute früh mit einem Satz aus dem Lukasevangelium beschäftigt, der als Motto für diesen Tag und die kommende Woche ausgewählt wurde. 

Absurde Vorstellungen

In diesem Bibelabschnitt räumt Jesus mit ein paar irrigen Vorstellungen der Frommen jener Zeit auf. Ein kleines Beispiel gefällig? 

Der Statthalter Pilatus hatte kurzerhand ein paar Menschen aus dem Norden Israels mitten im Tempel umbringen lassen. Der Grund für dieses grausame Geschehen wird nicht berichtet. Wir erfahren lediglich, dass das Blut der Getöteten sich mit dem der Opfertiere vermischt hatte, und so munkelten die Leute, dass die Umgebrachten schlimme Sünder gewesen sein mussten.

Alles Nonsens, sagt Jesus. Solche Spekulationen sind unbegründet und deshalb abwegig. Auch die 18 Todesopfer des Turmeinsturzes am Teich Siloah waren keine Bösewichte. 

Manchmal passiert Schlimmes, weil Menschen schlechte Entscheidungen treffen und nicht irgendein wie auch immer geartetes Karma am Werke ist. Eine falsch berechnete Statik oder Materialmängel können ein Gebäude zum Einsturz bringen. Und wer es auf Ärger mit der römischen Besatzungsmacht anlegt, darf sich nicht wundern, wenn das blutig ausgeht. 

Es ist anders, als du denkst!

Jesus nimmt diese Ereignisse zum Anlass, um einige religiöse Vorstellungen jener Zeit geradezurücken. Eine dieser Ideen betraf die Frage, wer in den Himmel kommt. – Mit Himmel ist hier der Eintritt in die künftige herrliche Wirklichkeit Gottes gemeint. Jesus fordert die Gläubigen mit folgender Aussage heraus. Ich zitiere: 

Aus der ganzen Welt, aus Ost und West, aus Nord und Süd, werden die Menschen kommen und in Gottes Reich das Freudenfest feiern. Lukas 13, Vers 29 (Übersetzung Hoffnung für alle)

Mit anderen Worten: Es gibt kein Abo auf den Himmel. Als Kriterium für den Einlass reicht weder die Volkszugehörigkeit noch die Einhaltung der mosaischen Gesetze. Etwas anderes ist notwendig, und das beschreibt Jesus unmittelbar vorher. Er sagt: Setzt alles daran, durch das enge Tor in Gottes Reich zu kommen! Denn viele versuchen es, aber nur wenigen wird es gelingen. (Vers 24)

Wer hinein will ins Reich Gottes, also in den Himmel, der muss durch ein enges Tor eintreten. Wie dieses Tor beschaffen ist, erklärt Jesus im Johannesevangelium seinem Schüler Thomas. Ich zitiere: 

Jesus antwortete: »Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben! Ohne mich kann niemand zum Vater kommen.« Johannes 14, Vers 6  

Ziemlich radikal

Bei Lichte betrachtet ist das eine radikale Aussage. Er, Jesus, der einzige Weg zu Gott? Führen nicht alle Wege nach Rom, wie es in einer Redensart heißt? Anders gesagt: Versprechen nicht alle Religionen ans gleiche Ziel zu führen? 

Hier werden die radikale Lehre von Jesus und sein exklusiver Anspruch deutlich. Und das zum Ärger vieler, die diesen Aussagen nicht folgen können oder wollen.

Aber wie verhält es sich mit dem engen Tor, von dem Jesus im Lukasevangelium spricht. Was müsste ich tun, wenn ich eintreten will? 

Die Antwort ist unspektakulär und für Fromme wie Unfromme gleichermaßen irritierend. Es sind keinerlei religiöse Übungen erforderlich. Kein Weihrauch, keine Bibelverse auswendig aufsagen können und auch keine Opfergaben. Es gibt noch nicht einmal einen Verhaltenskodex, dessen Beachtung mich weiterbringen würde. Der Theologe Paulus formuliert es in seinem Brief an die christliche Gemeinde in Rom so. Er schreibt: 

Das ist das Wort vom Glauben, das wir verkünden. Wenn du mit deinem Mund bekennst: »Jesus ist der Herr!«, und wenn du von ganzem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, dann wirst du gerettet werden. Wer also von Herzen glaubt, wird von Gott angenommen; und wer seinen Glauben auch bekennt, der findet Rettung. Römerbrief 10, Verse 8b bis 10

Anders gesagt: Von der leibhaftigen Auferstehung Jesu von den Toten überzeugt sein und vor anderen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist, das ist alles, was gefordert ist.

Wirklich so einfach? 

Ich habe es bereits anklingen lassen: Das war und ist vielen zu simpel. Deshalb lehnten und lehnen Menschen diesen Glauben ab, den sogenannten Jesus-Weg, wie man den christlichen Glauben in der Antike anfangs bezeichnete. Besser sich selbst kasteien, indem man religiöse Vorschriften umsetzt, als dankbar Gnade anzunehmen, für die man nichts getan hat.

Zurück zu meinem eingangs erwähnten Blick aus dem Fenster. Der frischgefallene Schnee hat die trostlos anmutende Winterlandschaft in etwas ganz Besonderes, sehr Schönes verwandelt. Vielleicht könnte das ein treffendes Bild dafür sein, worum es Jesus gegangen ist. Ich weiß, es trifft’s nicht ganz, und doch hilft es mir, etwas Wesentliches zu verstehen: Ebenso wie der Schnee die winterliche Tristesse zudeckt, mehr noch sie verwandelt, vermag die Gnade Gottes in meinem Leben Veränderung zu bewirken. Ganz ohne fromme Anstrengung, Kampf und Krampf. Einfach deshalb, weil das ihre Eigenschaft als Gnade ist.

Soweit für heute. Danke, dass sie mit mir »aus dem Fenster geschaut haben«. Danke, dass Sie sich mit mir auf diese kleine Reise begeben haben und mich zu Ende reden haben lassen. Ich weiß, das ist nicht selbstverständlich. Deswegen schätze ich das. Sollten Sie noch einen Moment Zeit haben, dann schauen Sie sich doch auf meiner Webseite um! Sonntags veröffentliche ich meistens eine kleine Andacht. Unter der Woche schreibe ich über Lebens- und Führungsthemen

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Tag und eine produktive Woche. Bis zum nächsten Mal!

P. S.: Vergangenen Sonntag habe ich in einem Fernsehgottesdienst des ERF die Predigt gehalten. Hier gehts zum Mitschnitt

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