Kennen Sie die Bauchweh-Regel?

Podcast: Kennen Sie die Bauchweh-Regel?

Vergangene Woche habe ich über die Gefahren der passiven Zustimmung bei Beschlüssen nachgedacht. Heute soll es um eine Maßnahme gehen, mit deren Hilfe diese Haltung minimiert werden kann.

Verantwortungsträger haben häufig mehr Abstimmungsbedarf, als ihnen lieb ist. Da ist es zweckmäßig, Sitzungen einzuberufen. Das hat den großen Vorteil, dass Beschlüsse nicht mehrfach vermittelt werden müssen, weil alle relevanten Personen beieinander sind. Außerdem können vereinbarte Maßnahmen zeitnah in den jeweiligen Bereichen umgesetzt werden.

Prinzipiell finde ich diese Vorgehensweise angemessen. Allerdings hat es immer wieder Momente gegeben, die mich unzufrieden gestimmt haben. In der Regel waren das Situationen, bei denen mir im Nachhinein aufgrund neuer Information oder Erkenntnisse Bedenken gekommen waren oder ich Rückfragen hatte.

Es gab dafür keine befriedigende Handhabe. 

René Winkler hat mich in einem Beitrag für das Buch „Von der dunklen Seite der Macht. Was Führung gefährdet und was sie schützt“ (Hrsg. Michael Herbst und Thomas Härry) auf eine interessante Vereinbarung aufmerksam gemacht, die in der Organisation praktiziert wird, in der er arbeitet. 

Ich meine die Bauchweh-Regel.

Worum es geht

Es ist die einfache Vereinbarung eines Leitungsteams, die besagt, dass bei gemeinsam getroffenen Entscheidungen jedem 24 Stunden zugestanden werden, etwaige mulmige Gefühle und Bedenken anzumelden. 

Ich finde diese Regel hervorragend, und zwar aus folgendem Grund: 

Manchmal ist es so, dass mir erst im Nachhinein Fragen oder Gedanken kommen, die ich während der Diskussion nicht auf dem Schirm hatte. 

Weil ich von meinem Persönlichkeitstyp so aufgestellt bin, dass ich gerne möglichst das ganze Bild betrachte, bevor ich mich festlege, ärgere ich mich, wenn wichtige Aspekte oder Bedenken nicht gehört und bedacht werden.

  1. Ich bin dann unzufrieden mit mir selbst, weil ich in dem Moment, als es darauf ankam, nicht das gesamte Bild oder alle Für und Wider vor Augen gehabt habe. 
  2. Außerdem ist da die verpasste Gelegenheit. Im Nachhinein eine Entscheidung nochmals zu hinterfragen, empfinde ich als unangenehm. Das wiederum bringt mich in die Gefahr, etwas durchzuwinken, hinter dem ich nicht wirklich stehe. 

Mit der Bauchweh-Regel wird mir ein Werkzeug in die Hand gegeben, dass ich im Bedarfsfall, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, aktivieren kann.

Was die Bauchweh-Regel nicht meint

Ich habe die Regel so verstanden, dass sie keinen Freibrief darstellt, etwaige Entscheidungen nach Belieben im Nachhinein zu hinterfragen. Vielmehr stellt sie die Ausnahme dar. Es geht auch nicht darum, einen Entscheidungsprozess künstlich zu verlängern.

Im Gegenteil: Alle Beteiligten verpflichten sich, im Rahmen des regulären Meinungsbildungsprozesses ihren Beitrag zu leisten. Das schließt das sorgsame Abwägen aller Positionen ein. 

Damit ist die Bauchweh-Regel nicht eine Art Joker, den ich nach Belieben ziehen kann.

Was das heißt

Ich verbinde eine Reihe von Vorteilen mit dieser Regel: 

  1. Die Regel wird der Erkenntnis gerecht, dass alles Planen Stückwerk ist. 
  2. Überdies kann sie dazu beitragen, unliebsame Überraschungen zu verhindern.
  3. Mir wird ein Werkzeug anvertraut, mit dessen Hilfe ich notfalls steuernd in einen Prozess eingreifen kann. Und das ganz legal, weil das so im Vorfeld besprochen und verabschiedet wurde.
  4. Allen am Entscheidungsprozess beteiligten Personen wird eine Bürde abgenommen. Es ist in Ordnung, bei schwerwiegenden Bedenken oder neuen Erkenntnissen eine Entscheidung nochmals kritisch zu betrachten.

Könnte die Bauchweh-Regel Ihnen helfen?

Ich frage mich, ob die Bauchweh-Regel Ihnen helfen kann, bessere Entscheidungen zu treffen. 

Hier sind vier Bereiche, in denen die Regel nach meinem Dafürhalten wertvolle Dienste leistet:

  1. Investitionen. Gemeint sind strategische Aktivitäten, die die Ausrichtung des Unternehmens und seinen Ertrag maßgeblich beeinflussen.
  2. Verfahrensfragen. Wie werden die vereinbarten Ziele erreicht? Welche Prozesse und Aktivitäten sind dazu erforderlich? 
  3. Personal. Von wem werden beispielsweise Schlüsselpositionen besetzt? Sind alle Fachkompetenzen im Unternehmen vertreten? Können sie ggf. freigespielt werden? Wenn dem so ist, was würde das nach sich ziehen? 
  4. Vertrieb. Wie wird der Markt angesprochen? 

Bildquellen

  • pexels-fauxels-3182827: Foto von fauxels: https://www.pexels.com/de-de/foto/leute-sitzen-wahrend-der-diskussion-3182827/

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