In unserer Küche befindet sich eine Postkarte überm Spülbecken (siehe Foto), auf der ein Berg von Tellern und Tassen zu sehen ist. Oben drüber prangt der Schriftzug: Ist das Kunst oder kann das weg?
Dieses Motiv erinnert mich ein bisschen an mein Leben.
Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, ich bin viel weniger strukturiert, als mir das lieb ist. Mehr noch: Wenn ich nicht aufpasse, verzettele ich mich binnen kürzester Zeit. Am Ende des Tages bin ich dann unzufrieden, weil ich zwar allerhand getan, aber nichts zustande gebracht habe.
Vielleicht geht es Ihnen ähnlich.
Wenn ich nicht in ziellose Geschäftigkeit abdriften will, dann muss ich mich am Riemen reißen und bestimmte Maßnahmen ergreifen. Die Rede ist von gut eingeübten Angewohnheiten, die ich beherzt umsetze.
Zum Beispiel diese 5 Punkte:
1. Meine Zeit priorisieren
Mir hilft es, wenn ich vom Ende her denke. Ich beantworte mir die Frage: Was will ich erreichen? Was soll am Ende geworden sein. Und was muss ich tun, damit ich zufrieden bin?
Habe ich für mich ein klares Bild gewonnen, kläre ich die wesentlichen Schritte und deren Reihenfolge. Außerdem überlege ich mir die beste Zeit für das jeweilige Vorhaben.
Ein Beispiel: Wenn ich beabsichtige, zu verfassen, dann ist der frühe Morgen die beste Zeit. Denn dann sind meine Gedanken klar. Also muss ich entsprechend Zeit dafür einplanen und anderes, was auch erledigt werden will, hintanstellen.
Gelegentlich gerate ich so in einen kleinen Konflikt mit mir selbst. Aber das ist in Ordnung. Schon die Tatsache, dass ich nicht in den Tag hineinwirtschafte, sondern überlegt zu Werke gehe, ist hilfreich.
2. Kleine und größere Rituale
Ich habe mir einige Rituale angewöhnt, die mir guttun. Beispielsweise starte ich morgens mit einer Zeit der Stille und ausreichend Kaffee. Während meiner persönlichen Meditation bin ich für niemanden zu sprechen.
Außerdem gönne ich mir täglich mindestens 30 Minuten an der frischen Luft. Meistens wird daraus eine Stunde. Ich habe herausgefunden, dass der späte Nachmittag sich besonders gut dafür eignet. Dann kann ich das verarbeiten und einordnen, was mich tagsüber beschäftigt hat.
Ein weiteres kleines Ritual hat mit meinem Handy zu tun. Es mag sein, dass das in Ihren Augen albern wirkt. Für mich ist es aber Teil meiner Spätabendroutine: Ich deponiere mein Handy im Büro (ja, ich hab’s aus dem Schlafzimmer verbannt) auf der Ladestation und schalte es auf Flugmodus. Nachdem ich die Haustür abgesperrt habe, „verschließe“ ich bewusst mein zweites „Tor zur Welt“ für die nächsten 7 bis 8 Stunden. – Hinzu kommt, dass ich vermeiden will, dass mein erster Griff am Morgen nach dem Handy ist. Social Media, die Nachrichten und all die anderen Nebensächlichkeiten des modernen Lebens können warten. Sobald ich den Flugmodus ausschalte, bin ich wieder ansprechbar.
3. Absichtsauslöser
Was meine ich mit einem Absichtsauslöser? Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels erläutern:
Ich fotografiere gerne. Damit ein gutes Bild entstehen kann, ist ein bestimmter Ablauf erforderlich. Die Kamera muss mit dem passenden Objektiv bestückt sein. Ich benötige ein Motiv, das ich in Szene setze, d. h., ins richtige Licht und vor einen geeigneten Hintergrund rücke. Nachdem ich das Bild fokussiert habe, drücke ich den Auslöser.
Nur wenn ich diese Reihenfolge einhalte, kann das Foto gelingen. Es ist von größter Bedeutung, dass der Druck auf den Auslöser dem Fokussieren folgt und nicht umgekehrt. Nur so kann ein gutes Foto entstehen.
Was kann ein solcher Absichtsauslöser sein? Beispielsweise der Moment, wenn der Bildschirm meines Notebooks um 21 Uhr von Tageslicht auf ein warmes Weiß umstellt. – Das wärmere Licht erinnert mich daran, dass bald Schlafenszeit ist.
4. Digital Detox
„Unsere elektronischen Geräte können eine wichtige Quelle der Ablenkung sein. Jedes Mal, wenn wir unser Telefon in die Hand nehmen, über den Bildschirm wischen und es wieder weglegen, verlieren wir unseren Fokus“, sagt Joseph Lalonde.
Stimmt! Handy und iPad sind wichtige Werkzeuge. Sie stellen aber auch eine große Versuchung dar, mich in unwesentlichen Dingen zu verlieren. Deshalb achte ich darauf, dass sie nur schwer erreichbar sind, wenn ich konzentrierte Arbeit zu erledigen habe.
5. Zurückschauen und auswerten
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“, hat der bekannte dänische Philosoph und Theologe Søren Kierkegaard einmal geschrieben[1].
Um in Zukunft gut entscheiden zu können, gönne ich mir einen regelmäßigen Monatsrückblick. Dabei frage ich mich, was mir gelungen ist und was nicht. Habe ich mich an das gehalten, was ich mir vorgenommen habe? Was habe ich in Angriff genommen, und warum? Welche Dinge hätte ich tun sollen? Was habe ich übersehen oder zur Seite geschoben?
Ich fahre gut damit, wenn ich für jeden Monat einen oder zwei Gedanken aufschreibe. Bei der Fülle dessen, was ich erlebe, ist das gelegentlich herausfordernd. Aber gerade das Nachdenken und Abwägen erlebe ich als etwas Wertvolles.
[1] Genau zitiert heißt es in seinen Tagebüchern (Haecker), Seite 157: „Es ist ganz wahr, was die Philosophie sagt, dass das Leben rückwärts verstanden werden muss. Aber darüber vergisst man den andern Satz, dass vorwärts gelebt werden muss.“
Bildquellen
- Postkarte über unserer Küchenspüle: private Aufnahme - Motiv von Stefano Garofalo