Was ist wesentlich abseits von inszenierter Entschlusskraft, Weitsicht und Fachwissen? Jenseits von Kennzahlen, Margen und ROI? Ganz einfach: die innere Stärk einer Führungsperson. Dazu fünf Beobachtungen:
1. Freundlichkeit und Güte öffnen Herzen und Türen
Neben die Quantität muss die Qualität treten. Kein Zweifel, Zahlen und Daten haben ihren Platz. Aber das Leben besteht aus mehr. Zum Beispiel kommt es auf Menschenzugewandtheit an. Das Gefühl zu haben, dass ich als Person freundlich anschaut werde.
Gerne wird der Begriff Wertschätzung in diesem Zusammenhang verwendet. Allerdings zögere ich, ihn zu verwenden, denn ursprünglich hat er eine rein wirtschaftliche Bedeutung gehabt: Ich schätze den Wert eines Gegenstands oder Dienstleistung und bin bereit, dementsprechend viel zu bezahlen.
Menschenzugewandtheit ist mehr. Wenn ich mir beispielsweise die Menschen ins Gedächtnis rufe, die mich am stärksten geprägt haben, dann sind das allesamt Leute gewesen, die Freundlichkeit und Güte ausgezeichnet haben. Ich habe bei meinen Bekannten etwas gespürt, was mir wohlgetan hat. Von dem ich mich angezogen gefühlt habe. Aufgrund ihres Wesens war ich bereit, mich zu öffnen. Ich habe diesen Menschen Zugang zu meinem Herzen erlaubt, weil sie sich mir wohlwollend zugewendet haben und bin nicht enttäuscht worden.
2. Autorität wird durch Demut attraktiv
Demut setzt innere Größe voraus. Die Frage ist doch die: Wer ist schon bereit, trotz des Wissens um die eigene Macht und Position, sich bewusst zu entschließen, ohne sie auszukommen? Ich jedenfalls tue mich an dieser Stelle schwer. Umso mehr bewundere ich Menschen, denen das gelingt.
Seit Robert Greenleaf wird Demut mit Servant Leadership in Verbindung gebracht. Autorität wird attraktiv, weil die innere Einstellung in der äußeren Haltung zum Ausdruck kommt.
3. Weisheit erkennt und interpretiert Wissen
„Reden ist Silber, schweigen ist Gold“, weiß der Volksmund. Der angloamerikanische Sprachraum kennt die Redensart: „If knowledge is silver then wisdom is gold.“ – Wenn Wissen silbern ist, dann ist Weisheit golden.
Mir gefällt diese Variante. Sie deutet darauf hin, dass Wissen durch einen Filter muss, um segensreich wirken zu können. Und der heißt Weisheit, also reflektierte Lebenserfahrung.
Bei Menschen mit innerer Führungsstärke beobachte ich, wie sie immer wieder innehalten und versuchen, Abstand zu gewinnen, um nachzudenken. Das imponiert mir.
4. Integrität ist die Währung des Vertrauens
Wie von allein bewege ich mich auf Menschen zu, die ihr Wort halten. In gleicher Weise nehme ich Abstand von denen, die mich enttäuscht haben.
Ich muss mich fragen: Bin ich jemand, auf den man sich verlassen kann? Ist dem so, dann wächst mein Einfluss. Andernfalls schwindet er.
Wem es gelingt, Reden und Handeln zur Deckung zu bringen, der findet Zugang zu einer Währung mit hoher Kaufkraft: Vertrauen. Aber Vorsicht, Vertrauen ist nicht nur ein robustes Zahlungsmittel. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es einer Pflanze gleicht. Vertrauen braucht Zeit, wächst langsam und ist vor allem im frühen Stadium empfindlich.
5. Resilienz lässt Ziele erreichbar werden
Mir persönlich gefällt das Wort Widerstandskraft besser, auch wenn Resilienz das derzeit angesagte Modewort ist.
Die Corona-Pandemie führt eindrucksvoll vor Augen, dass Ziele in unerreichbare Ferne rücken können, wenn der Körper nicht über die notwendigen Voraussetzungen, sprich Widerstandskraft verfügt, um sich gegen Krankheitserreger zur Wehr zu setzen.
Ich habe mich öfters gefragt, ob im Berufsleben das Gegenstück zu Resilienz die innere Kündigung ist. Ich denke an Menschen, denen die Kraft fehlt, Widerständen und Druck konstruktiv zu trotzen und die sich folglich in die innere Emigration zurückziehen. Die Konsequenz ist ein seelenloser Dienst nach Vorschrift.
Um die Widerstandsfähigkeit des Teams und damit seine innere Stärke zu fördern, kann es hilfreich sein, wenn man sich bestimmten Fragen stellt: Welche unnötigen Hindernisse für das gemeinsame Arbeiten kann ich aus dem Weg schaffen? Wie kann ich die Teamatmosphäre so beeinflussen, dass ein konstruktives Miteinander entsteht?
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