Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. So lautet ein altes Sprichwort, in dem viel Wahres steckt.
Während meiner Semesterjobs habe ich ein Verhalten immer wieder beobachten können. Waren der Meister oder Betriebsleiter nicht in der Fabrikhalle, ließ das Tempo der Arbeiter deutlich nach. Begründet wurde das mit dem Spruch: „Wir sind hier auf der Arbeit, nicht auf der Flucht.“
Was aber, wenn mir der Firmeneigentümer die Verantwortung überträgt, weil er für einige Zeit dienstlich verreisen muss? Wenn mein Kommando zählt und ich für alles geradestehe, einschließlich dem, was liegen bleibt oder ich verbockt habe?
Spätestens dann wird man merken, aus welchem Holz ich geschnitzt bin. Ob ich verantwortlich denke und handele oder lediglich auf Status, Macht und Privilegien aus bin.
Ein bemerkenswerter Dialog
In der Bibel lese ich einen bemerkenswerten Dialog zwischen Schülern und ihrem Lehrer. Der Chronist Lukas berichtet davon. Es geht um zwei Verwalter. Der eine handelt während der Abwesenheit seines Gutsherrn verantwortlich. Er kümmert sich ums Anwesen und sieht zu, dass alles in Ordnung ist.
Der andere lebt in den Tag hinein, schert sich um nichts, bedient sich aber umso munterer am Eigentum seines Chefs. Die unerwartete Rückkehr des Gutsherrn bringt ihn in Verlegenheit. Denn er ist alles andere als vorbereitet.
Der Lehrer beschließt seinen Dialog mit den Worten: „Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.“ Nachzulesen im Lukas-Evangelium 12,48b.
Während ich diese Aussage auf mich wirken lasse, kommt mir ein Gedanke in den Sinn: Was die Bibel berichtet, kenne ich aus dem Berufsleben. Es gibt unterschiedliche Ebenen der Verantwortung. Der einen ist mehr als dem andern anvertraut worden. Im Gegenzug wird von ihr mehr Leistung und ein höherer Ertrag als von ihm erwartet.
Der jüdische Lehrer, der den oben erwähnten Dialog geführt hat, ist übrigens kein geringerer als Jesus. Seine Gesprächspartner waren Petrus, Johannes, Jakobus und die anderen Jünger.
Auf dem Prüfstand
In ihrer Diskussion ging es darum, dass jeder Mensch einmal vor dem Allmächtigen stehen und für sein oder ihr Tun und Lassen Rechenschaft ablegen muss.
Worum es Jesus geht, ist Folgendes: Gott bewertet das Gelingen eines jeden Menschenlebens anhand bestimmter Kriterien. Dabei schert er nicht alle über einen Kamm. Für jeden bedeutet Gelingen etwas anderes. Ich werde nach meinen Gaben und Möglichkeiten bewertet. Ist mir viel in die Wiege gelegt worden, wird entsprechend viel von mir erwartet werden.
Eigenartig: Im Wirtschaftsleben kennen wir „Benchmarks“, Quartalsziele und Jahresabschlüsse. Wir wissen, was es bedeuten kann, wenn Erwartungen nicht übertroffen, geschweige denn erreicht worden sind. Performance genießt einen hohen Stellenwert. Wer die Latte reißt, muss mit weitreichenden Konsequenzen rechnen.
Außerhalb des Jobs
Und wie ist das mit dem, was Gott mir außerhalb meines Berufs sonst noch anvertraut hat? Meinen Körper, die Psyche, der Geist? Was ist mit Familie und Freunden? Meinen Kollegen? Der Umwelt, in der ich lebe? Gehe ich achtsam damit um?
Ich bin ein reich beschenkter Mensch, und Sie sind es vermutlich auch. Es ist an der Zeit, dass Sie und ich – wir – uns über die längerfristigen großen Lebensthemen Gedanken machen. Nicht, dass wir überraschend vom Allmächtigen zum Rapport einbestellt werden und nichts vorzuweisen haben.
Zum guten Schluss
Sonntags veröffentliche ich oft kurze Impulse zu spirituellen Themen. Dabei orientiere ich mich am Kirchenjahr. Ich greife aktuelle Themen auf oder schreibe einfach über das, was mir wichtig ist. Wenn Sie Interesse haben, mehr zu lesen, dann schauen Sie hier vorbei.
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