„Ich hätte da ein Problem“

Podcast: „Ich hätte da ein Problem“

Da stehe ich und überlege: Verdient dieses Problem es, als groß bezeichnet zu werden? Ich habe mir diese Frage in letzter Zeit öfters gestellt. Das liegt daran, dass ich mich mit allerhand privaten und beruflichen Herausforderungen befassen musste. 

Verdient dieses Problem es, als groß bezeichnet zu werden? Diese Frage habe ich bei Scott Cochrane das erste Mal gelesen. Und ich war davon angetan, wie er sie beantwortet hat. 

Mit dieser Vorrede möchte ich starten:  

Es kommt auf meine Perspektive an 

Um feststellen zu können, ob ein Problem es verdient, als groß bezeichnet zu werden, muss ich zunächst klären, was für mich ein großes Problem ist. Und da kommt es wesentlich auf die Perspektive an. 

Unterschiedliche Personen werden zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Das, was mir schlaflose Nächte verursacht, lässt jemand anderes verständnislos mit den Schultern zucken und umgekehrt.

Ähnlich, wie ich das in meinem Blog/Podcast vor einer Woche gesagt habe: Meine Bewertung ist höchst individuell. 

Aber jetzt kommt das Überraschende: Scott Cochrane besteht darauf, dass Geld nie zu den wirklich großen Problemen gehört.

Wie bitte? Ich kenne in meinem Umfeld etliche, die am Ende ihres Geldes noch reichlich Monat übrighaben und damit kämpfen. Und ich kenne Leute, die sich Sorgen machen, wie sie mit der kleinen Rente überleben werden, mit der sie sich in Kürze begnügen müssen. 

Cochrane besteht darauf: Geld ist wichtig. Es bildet die Grundlage wirtschaftlichen Handelns. Entsprechend sorgsam muss mit Geld umgegangen werden. Geldnöte mögen also schwierig zu handhaben sein, stellen aber kein großes Problem dar.

Der Grund dafür ist einfach: Für fehlendes Geld lassen sich meistens Lösungen finden. Die mögen nicht unbedingt angenehm sein, mich sogar zu maximalen Einschränkungen zwingen, aber es sind in der Regel (irgendwie) tragbare Lösungen. 

Große Probleme gehen ans Eingemachte

Was also meint Scott Cochrane, wenn er von großen Problemen spricht?

Ihm geht es beispielsweise um ernste medizinische Diagnosen. Eine zerbrechende Ehe oder Kinder, die in Schwierigkeiten geraten, stellen Menschen vor wirklich große Probleme.

Cochrane meint: Wenn ich von einer schweren Krankheit bedroht werde oder wenn es zwischen mir und der wichtigsten Person meines Lebens kriselt, dann betrifft mich das existenziell. Dann ist Gefahr in Verzug. Ich habe es dann mit einem wirklich großen Problem zu tun. Und das wird meine ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Meine Kapazität für anderes, also auch für berufliche Themen, sinkt auf einem Minimum. Ich bin dann unaufmerksam und infolgedessen unkonzentriert. Mir unterlaufen Flüchtigkeitsfehler. Vielleicht bin ich sogar innerlich abwesend. 

Stimmt! Das kann ich aus eigenem Erleben bestätigen. Als ich vor Jahren wegen Herzproblemen mit Blaulicht ins Krankenhaus verfrachtet wurde, schrumpfte all das, was in meinem Leben bis dahin ach so wichtig gewesen war auf eine vernachlässigbare Größe. Im RTW und anschließend in der Notaufnahme hat mich nur noch ein Thema beschäftigt: Werde ich die nächsten Stunden überleben? Und wenn ja, wie wird meine Zukunft aussehen? 

Was ich tun kann

In meiner Rolle als Führungskraft muss ich mir vor Augen halten, dass das, was ich aus meiner Sicht heraus für ein großes Problem erachte, in den Augen derer, mit denen ich zusammenarbeite, möglicherweise völlig unbedeutend ist. 

Vielleicht muss ich mir einen kritischen Blick auf das gönnen, was ich für wichtig halte, muss umlernen. Die echten Probleme, also vor allem die, die es verdienen, als groß bezeichnet zu werden, angemessen zu würdigen und den anderen Problemen mit mehr Gelassenheit zu begegnen. 

Wie kann ich das anstellen? 

Erstens. Wie ich bereits oben sagte, ich muss mir meiner eigenen Sicht bewusstwerden. Aus welcher Perspektive blicke ich auf einen Sachverhalt? Dazu gehört auch die Frage, welche Rolle für mich soziale Aspekte spielen. Die sind nämlich für meine Mitarbeiter überragend wichtig. 

Zweitens. Einen wachen Blick für die Menschen kultivieren, mit denen ich zusammenarbeite. Das gilt insbesondere dann, wenn ich es mit Teammitgliedern zu tun habe, die mit Blick aufs Private verschlossen sind. Bei diesem Personenkreis ist es wichtig, die kleinen Signale zu beachten. 

Drittens. Eine Portion Gelassenheit kann mir helfen. Beispielsweise kann ich mich nüchtern fragen: 

  • Gibt sich hier ein kleines Problem als ein großes aus? 
  • Kommt ein großes Problem bescheiden daher und droht deshalb unbeachtet zu bleiben?
  • Will hier jemand mir sein Problem „vererben“, in dem er oder sie es aufbauschen? Ich habe vor einiger Zeit dazu einen Blog/Podcast veröffentlicht, der den Titel trägt: Das Äffchen auf meiner Schulter.

Viertens. Im Bedarfsfall bin ich gefordert beherzt zu handeln und mich dabei von der Maxime leiten zu lassen: Wer sparsam sät, wird sparsam ernten. Oder umgekehrt gesagt: Komme ich einem Teammitglied bei dessen großen Problem entgegen, wird diese Geste der Großzügigkeit nicht unbeantwortet bleiben. 

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