Diesen Satz höre ich immer wieder. Ich frage mich dann meistens: Tatsächlich? Ein schlechtes Gefühl? Aber wieso ist es schlecht? Und was wäre, wenn mich mein Gefühl täuscht? Verpasse ich eine große Chance?
Gefühle haben’s in sich! Manchmal sind sie überwältigend. Dann wieder flüchtig. Auf Emotionen ist kein Verlass, sagen die einen. Die anderen schwören auf ihr „Bauchgefühl“ und meinen damit … ja, was meinen sie eigentlich?!
„Gefühle sind Daten, keine Direktiven“, sagt die Psychologin Dr. Susan David von der Harvard Medical School in ihrem Buch Emotionale Beweglichkeit.
Dieser Satz ist mir vor zwei Jahren zum ersten Mal begegnet. Ich habe seinerzeit einen Artikel dazu geschrieben: Positives Emotionsmanagement – ein heißer Tipp.
Heute will ich mich dem Thema erneut stellen. Wie ist das zu verstehen? Was bedeutet das für mein Berufsleben: Gefühle sind Daten, keine Direktiven?
Happy Clappy im Betrieb?
Wer arbeitet nicht gerne mit gut gelaunten Kollegen zusammen? Die anderen, die den Eindruck vermitteln, in einer emotionalen Dauerkrise zu leben, sind anstrengend. Deren Gegenwart meide ich.
Vermutlich gibt es im Berufsleben aus diesem Grund die unausgesprochene Erwartung, möglichst immer positiv und „on top“ zur Arbeit zu erscheinen. Die hoffnungsfrohe Stimmung und das fröhliche Gesicht, die sich als gute Laune ausgeben, werden zum Sakko oder Blazer, den man überzieht, wenn man zur Arbeit aufkreuzt.
Data only!
Schmerz, Glück, Trauer und Sehnsucht sind nach Meinung von Susan David lediglich Gefühlsdaten, die ich wahrnehmen und mit denen ich in bestimmter Weise umgehen soll. Ihr ist wichtig, dass ich meinen Emotionen nicht erlaube, mich zu bestimmen.
Im Sinne von Susan David ist beispielsweise Traurigkeit eine Information meines Körpers, die mich auf etwas hinweisen will. Traurigkeit ist nicht die Ursache, sondern das Ergebnis von etwas anderem. Deshalb wäre es besser, nicht „Ich bin traurig“ zu sagen, sondern „Ich fühle Traurigkeit“ oder „Traurigkeit macht mir zu schaffen.“
Wer weiß, vielleicht ringe ich bewusst oder unbewusst mit einer Verlusterfahrung oder einer Enttäuschung und das macht mich traurig. Kann es sein, dass ich etwas oder jemanden loslassen muss? Das schmerzt. Infolgedessen werde ich traurig. Möglicherweise ist mein Hormonhaushalt aus dem Tritt gekommen und das zieht mich runter.
Die Emotion Traurigkeit kann demnach mehrere Ursachen haben. Wichtig ist jedoch: Ich bin nicht die Traurigkeit(denn ich bin mehr als dieses Gefühl). Wie bereits gesagt, sie ist lediglich eine Information, mit der ich umzugehen habe.
Dauerhaft unterdrücken schadet
Und das bringt mich zum nächsten Schritt: Emotionen sind wichtige Informationen und lassen sich als solche nicht dauerhaft ohne Schaden unterdrücken. Zwar kann ich sie für eine Weile gut ignorieren oder verdrängen. Irgendwann werden sie sich jedoch ihren Weg bahnen. Wenn unbearbeitet, hinterlassen sie ungute Spuren in meinem Wesen.
Traurigkeit, dauerhafte Schmerzen, Kummer und Bitterkeit können allesamt zu einer Verhärmung meines Wesens führen. Nicht gut!
Was ich hier für das Gefühl der Traurigkeit ausgeführt habe, lässt sich auf jede andere Emotion übertragen. Beispielsweise auch auf Langeweile.
Wenn ich in meinem Berufsalltag Langeweile empfinde, sollte ich diesem Hinweis nachgehen. Was könnte die Botschaft sein, die sich damit verbindet? Könnte eine Unterforderung vorliegen? Wäre es denkbar, dass es in mir einen Zielkonflikt gibt zwischen dem, was mir wichtig ist und dem, was ich tun muss? Vielleicht bin ich bezüglich meiner Lebensziele schlechte Kompromisse eingegangen, habe sie unter Umständen sogar aufgegeben und jetzt meldet mir mein Unterbewusstsein Desinteresse an dem, womit ich mich gerade beschäftige.
Was also tun?
Susan David hat recht! Ich muss meine Emotionen ernst nehmen und fragen, was ihre Botschaften sind.
Ich nehme noch einmal das Beispiel Traurigkeit: Weist mein Kummer auf eine Begebenheit oder einen Menschen? Könnte es sein, dass meine Traurigkeit in Wahrheit der verdeckte Wunsch nach Versöhnung und Befriedung eines Konflikts ist?
Fazit
Meine Gefühle sind Botschafter. Sie vermitteln wichtige Information. Anstatt sie zu ignorieren, tue ich gut daran, sie willkommen zu heißen und ihnen angemessene Aufmerksamkeit zu widmen.
Aber Gefühle sind nicht weisungsbefugt. Sie haben bestenfalls beratenden Charakter.
Habe ich sie beachtet, ihren Rat „gehört“, kann ich informierte Entscheidungen treffen. Ich kann sie zur Seite legen in dem Wissen, dass sie mich bereichert, gewarnt oder ermutigt haben. Damit haben sie dann aber ihre Schuldigkeit erfüllt.
Jetzt gilt es mit der gewonnenen Erkenntnis und gemäß meiner Lebensgrundsätze zu handeln.
Bildquellen
- fear-4202417_1920: Bild von mohamed Hassan auf Pixabay