Leben an der Costa Dilla
Ich lebe einige Jahre in einer mittelhessischen Kleinstadt. Meiner Frau und mir geht es gut. Wir wohnen im Grünen, umgeben von netten Nachbarn.
Auch wenn wir schon lange hier leben, ist eines zweifelsfrei klar: Wir sind nicht von hier. Das wird mir regelmäßig klar, wenn meine Bekannten und Freunde ins örtliche Platt wechseln[1].
Sprache grenzt aus. Aber sie kann auch ein bisschen Heimatgefühle verbreiten.
„Welcome to our house!“
Während meines Studiums in Großbritannien bin ich öfters von den Familien meiner Kommilitonen eingeladen worden. Mir hat das gutgetan. Aber ich musste aufpassen. Ich durfte mein Gastrecht nicht überstrapazieren. Irgendwann war es Zeit, mich zu verabschieden. Und es war besser, ein paar Minuten früher aufzubrechen, als zu lange zu verweilen.
Ganz anders war es in den Semesterferien! Daheim war ich nicht nur gern gesehen. Ich war vor allem kein Gast.
„Ich bin zu Hause“ ist für die meisten Menschen mehr als eine Beschreibung von Wohnverhältnissen. Es ist der Ort, wo jene Menschen leben, zu denen ich gehöre, meine Familie. Hier ist meine Seele daheim. Hier gehöre ich dazu.
Wehmut
Wenn ich hochbetagte Herrschaften beobachte, fällt mir auf, dass in ihrer Stimme ein Hauch Wehmut mitschwingt, wenn sie von ihrem Elternhaus sprechen. Es ist, als ob sie etwas nachtrauern, dass sie verloren haben, ihr Zuhause. Ich nehme den stillen Wunsch wahr, das zurückholen zu wollen, was für immer vergangen ist.
Zu Hause sein ist auch eine flüchtige Erfahrung. Das wird umso deutlicher, je weiter ich im Leben voranschreite.
Gegen diese tiefe und traurig machende Realität setzt ein Autor der Bibel eine Aussage, die weitreichender Natur ist. In seinem Brief an die Christen in Ephesus schreibt er:
„Ihr seid jetzt also nicht länger Fremde ohne Bürgerrecht, sondern seid – zusammen mit allen anderen, die zu seinem heiligen Volk gehören, – Bürger des Himmels; ihr gehört zu Gottes Haus, zu Gottes Familie.“ Epheserbrief 2,19
Paulus versichert seinen Lesern, dass sie ein besonderes Bürgerrecht haben, und zwar in Gottes Haus. Die Neue Genfer Übersetzung spricht von Bürgern des Himmels und davon, zu Gottes Familie zu gehören.
Nie mehr Abschied nehmen
Unter vielen Christen ist die Sehnsucht nach diesem Ort sehr lebendig. Ich glaube nicht, dass das daran liegt, dass man lediglich auf eine bessere Zukunft in einem wie auch immer gearteten Jenseits hofft.
Neben vielen anderen Eigenschaften zeichnet sich das Haus Gottes durch ein herzliches und allumfassendes Willkommen aus. Ich werde erwartet. Ich darf am Ende meiner Lebensreise ankommen und bleiben. Endgültig Abschied nehmen, so wie ich das immer wieder schmerzvoll habe erleben müssen, ist dort vorbei. In der vollkommenen Welt Gottes ist Abschied ein Fremdwort.
Zum guten Schluss
Sonntags veröffentliche ich oft kurze Impulse zu spirituellen Themen. Dabei orientiere ich mich am Kirchenjahr. Ich greife aktuelle Themen auf oder schreibe einfach über das, was mir wichtig ist. Wenn Sie Interesse haben, mehr zu lesen, dann schauen Sie hier vorbei.
[1] Mich fasziniert in solchen Momenten, wie konsequent Mittelhessen das „R“ rollen können. Übrigens, die Farbe des Dialekts wechselt entlang der „Costa Dilla“ (wie einige Einheimische das Tal zwischen Dillenburg und Wetzlar bezeichnen, durch das sich das kleine Flüsschen Dill nach Süden schlängelt). In manchen Ecken hat man den Eindruck, dass die Einheimischen fast ohne Konsonanten auskommen.