Kennen Sie noch die Aufkleber „Frieden schaffen ohne Waffen“? Sie waren in den achtziger Jahren populär.
Aus aktuellem Anlass – in wenigen Tagen jährt sich der Mauerfall – habe ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt.
Am 25. Januar 1982 veröffentlichen Robert Havemann und Rainer Eppelmann den sogenannten „Berliner Appell“ unter der gleichnamigen Überschrift Frieden schaffen ohne Waffen. Und das nicht im freien Westberlin, sondern im kommunistischen Osten.
In beiden Teilen Deutschlands machte sich seinerzeit eine Sehnsucht nach Veränderung breit. Man hoffte auf Erneuerung. Träumte von der Überwindung der aktuellen Verhältnisse. Allerdings wusste niemand, wie das geschehen sollte.
Ein Anliegen findet Unterstützer
In den nächsten Jahren gewann die Friedensbewegung im Osten Deutschlands an Einfluss. Gebetsveranstaltungen um 17 Uhr wurden in der Leipziger Nikolaikirche und in drei anderen Kirchen zum Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen.
Über die Zeit erfasste das Anliegen immer mehr Menschen. Schließlich fiel die Berliner Mauer am 9. November 1989 und die Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten wurde möglich.
Auch wenn viele (ich muss mich auch schuldig bekennen) die friedensbewegten Aktivisten in den frühen Achtzigern belächelt haben, so zeigt der Gang der Geschichte, dass sich ihr Anliegen durchgesetzt hat.
Damit bin ich beim biblischen Leitmotiv, das für diesen Sonntag ausgewählt worden ist. Es ist ein Bibelvers aus der sogenannten Bergpredigt Jesu, die im Matthäus-Evangelium überliefert wird:
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Matthäus 5,9
Was ursprünglich gemeint war
Natürlich hat dieser Satz eine nicht zu unterschätzende gesellschaftliche Dimension. Sei es die erwähnte ostdeutsche Friedensbewegung oder die deutsch-französische Aussöhnung nach dem zweiten Weltkrieg, immer sind mutige Frauen und Männer das Risiko eingegangen, haben Widerstände überwunden und so Großes bewirkt.
Der Satz Jesu zielt ursprünglich jedoch in eine andere Richtung. Ihm ging es zunächst um konkrete Konflikte zwischen zwei oder mehreren Streithähnen und die Bereitschaft, schlichtend – also Frieden stiftend – einzugreifen.
Was für eine Wohltat das sein kann, ist mir deutlich geworden, als ich vor Tagen über einige Familiengeschichten nachgedacht habe.
Infolge von Streitigkeiten hatte man über lange Zeit nicht mehr miteinander gesprochen. Mutige Menschen haben sich damit nicht abfinden wollen und sich dieser vertrackten Situationen angenommen. Mit Feingefühl und Zähigkeit überwanden sie schließlich alte Ressentiments. Teils Jahrzehnte alte Zwistigkeiten konnten beigelegt werden. Damit sind sie im besten Sinn des Wortes zu Segensträgern geworden.
Der Bezug zu Ihnen und mir
Mir stellt sich die Frage, was ich mit diesem Satz von Jesus anstelle. Nehme ich ihn nur zur Kenntnis? Lege ich ihn als netten Gedanken zur Seite? Oder lasse ich mich herausfordern? Bin ich bereit, dort Frieden zu stiften, wo ich Konflikte erlebe? Also in der Familie, dem Bekanntenkreis, im Büro, an der Werkbank, zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern oder wo auch immer?
Der bevorstehende Jahrestag des Mauerfalls am 9. November könnte ein guter Anlass dazu sein.
Übrigens, mehr zum Thema Frieden können Sie hier lesen.
Bildquellen
- bird-3098447_1920: Bild von David Schwarzenberg auf Pixabay