Nein, die Frage ist nicht seltsam! Im Gegenteil. Sie ist berechtigt. Mehr noch. Sie ist wesentlich und wird von vielen Leuten gestellt. Manche äußern sie laut. Die meisten leise.
Zum Beispiel: Wenn es darum geht, Ziele festzulegen oder Zukunftsvisionen für ein Unternehmen zu entwickeln, wird diese Frage gern übersehen. Und das kann zum Problem werden.
Nun, wenn es darum geht, Ziele festzulegen oder Zukunftsvisionen für ein Unternehmen zu entwickeln, wird diese Frage gerne übersehen. Und das kann zum Problem werden.
Sehen Sie, eine Zukunftsvision soll den Fokus aufs Wesentliche richten. Sie beschreibt, wohin die künftige Reise führen soll. Eine Unternehmensvision gibt darüber Aufschluss, was in absehbarer Zukunft warum entstehen soll. Man könnte auch sagen: Wie der Sehnsuchtsort beschaffen ist, auf den alle im Team oder in der Belegschaft zuarbeiten und wo er zu finden sein wird.
Aber. Eine Zukunftsvision beantwortet nicht die Frage, ob ich das überhaupt will. Und das wird gerne übersehen.
Sie wissen doch: Gesagt ist nicht gehört. Gehört ist nicht verstanden. Verstanden ist nicht einverstanden. Einverstanden ist noch lange nicht getan.
Genau an dieser Stelle kranken die meisten Visionen. Sie haben gefühlt nichts oder nur wenig mit dem zu tun, was einerseits die Unternehmensleitung und andererseits die Mitarbeiterschaft will.
Was aber nützt eine Vision, die keiner will? Die schlichte Wahrheit lautet: Sie ist das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist. Sie ist Zeitverschwendung.
Der Unternehmensberater Christian Muntean bringt es treffend auf den Punkt. Er sagt: Festgefahrene Organisationen werden von festgefahrenen Führungskräften geleitet.
Deshalb ist es von größter Wichtigkeit, dass sich zunächst jeder in der Unternehmensspitze mit der Vision auseinandersetzt und fragt: Was macht das mit mir?
- Spricht mich die Vision an?
- Habe ich ein ganzes Ja zu ihr?
- Bin ich bereit, sie zu verinnerlichen?
- Bin ich willens, mich zu investieren?
In diesem Zusammenhang sind zwei Aspekte wichtig:
- Identität
- Haltung
Identität
Mit Blick auf die Unternehmensvision sollten sich Führungskräfte fragen: Wer werde ich sein, wenn die Vision verwirklicht worden ist? Werde ich mich auf dem Weg der Umsetzung verändert haben? Wie könnte das aussehen?
Danach folgt die zweite Frage. Sie richtet sich an alle Mitarbeitenden: Wer werden wir als Unternehmen sein, wenn die gemeinsame Vision umgesetzt worden ist? Was wird der Prozess mit uns gemacht haben?
Als Führungskraft muss ich für beide Fälle überzeugende Antworten finden. Gelingt mir das nicht, laufe ich Gefahr, in althergebrachten Denkschemen verhaftet zu bleiben. Ähnlich wird es der Mitarbeiterschaft ergehen.
Warum sollten Team oder Belegschaft sich auf Neues einlassen, wenn die Vorgesetzten das nicht beispielhaft vorleben?
Haltung
Ich komme zurück auf die eben zitierte Formel: Verstanden ist nicht einverstanden. Einverstanden ist noch lange nicht getan.
Mit einem Mal steht im Raum, ob ich als Führungskraft mit den zu erwartenden Veränderungen einverstanden bin. Will ich das? Bin ich offen für Veränderung, die nicht nur Arbeitsprozesse, sondern auch mich als Person betreffen?
Hier geht es um meine Einstellung und Haltung.
Öffne ich mich? Lasse ich zu, dass auf dem Weg mein Denken, Leben und Arbeiten Veränderung erfährt?
Bin ich dazu nicht bereit, begrenze ich meine eigene Wirksamkeit. Warum? Weil ich im alten Denken verhaftet bleibe. Und dann werde ich das erleben, was als „Brezel-Haltung“ weithin bekannt ist: Mitarbeiter verschränken demonstrativ innerlich oder äußerlich ihre Arme und warten skeptisch ab.
Mit der Brezel-Haltung lassen sich Ziele und Visionen nicht erreichen. Dazu ist ein Haltungswechsel zwingend notwendig. Um das im Team oder der Belegschaft zu bewirken, muss ich in meiner Eigenschaft als Führungskraft mit gutem Beispiel vorausgehen. Und ich muss Durchhaltevermögen an den Tag legen.
Ein Hinweis zum Thema Vision
Vor einiger Zeit hatte ich einen Blog zum Thema Vision geschrieben. Er ist überschrieben mit dem Zitat „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ und ist hier zu finden.
Bildquellen
- chris-lawton-5IHz5WhosQE-unsplash: Foto von Chris Lawton auf Unsplash