Ich möchte heute etwas mit Ihnen teilen, was mir vor Kurzem widerfahren ist.
Vermutlich arbeiten die wenigsten von Ihnen in einem Fernsehstudio. Von daher wird das, was ich erlebt habe, weit weg sein von Ihrem Alltag.
Wenn ich Sie trotzdem in mein Erleben hineinnehme, dann weil ich hoffe, dass Sie für sich eine Brücke zu vergleichbaren Situationen schlagen können. Bitte verstehen Sie das, wovon ich hier schreibe, nicht als einen Vorwurf oder Kritik an irgendjemandem. Es geht eher den Versuch, eine Situation zu analysieren und ein paar Anregungen daraus abzuleiten.
Der Rückblick
Wenn Sie mögen, stellen Sie sich bitte folgenden Moment vor: Der Abend ist bereits fortgeschritten. Ich sitze im Wohnzimmer und lasse den Tag nochmals an meinem inneren Auge vorbeiziehen. Nachmittags hatte ich an der Aufzeichnung einer TV-Sendung mitgewirkt. Weil ich Unzufriedenheit spüre, beschließe ich der Sache auf den Grund zu gehen.
Ich sollte an dieser Stelle vorausschicken, dass ich im Verlauf der Jahre schon an sehr vielen Sendungen vor und hinter der Kamera mitgewirkt habe. Dieses Mal ist etwas anders gewesen, und das beschäftigt mich.
Nicht gesehen
Ich überlege. Hat es etwa mit dem zu tun, was ich im Studio erlebt habe, oder ist es doch etwas anderes gewesen? Alle wirkten sehr beschäftigt und auch etwas gestresst. Ein paar Leuten kam ein flüchtiges Hallo oder Moin über die Lippen, bevor sie sich schnell wieder ihrer Aufgabe zuwendeten. Ich hatte ein bisschen das Gefühl, im Weg zu stehen. Mir wurde vermittelt, dass ich ein Punkt auf einer langen To-do-Liste war, den es professionell abzuarbeiten galt.
Gesehen werden ist keine große Sache. Aber sie ist äußerst wichtig. Schon ein kurzes Innehalten und ein paar freundliche Worte reichen aus, um einem das gute Gefühl zu vermitteln, dass man willkommen ist. Ganz nebenbei kommuniziert sich die Botschaft: Wir arbeiten hier zusammen, um ein großartiges Produkt zu schaffen.
Ich habe im Nachhinein für mich den Schluss gezogen: Egal wie beschäftigt du künftig sein wirst, ein bewusstes Wahrnehmen der Menschen, mit denen du zu tun hast, ist wesentlich, denn es kann mit darüber entscheiden, ob mein Vorhaben erfolgreich sein wird oder nicht.
Reingestolpert
Es gibt aber noch etwas anderes, nämlich die Frage: Wie erlebt mein Gegenüber sein Ankommen? Ist es sorgsam geplant oder dem Zufall überlassen?
Was erleben mein Kunde oder meine Kundin, wenn er oder sie erstmals das Firmengebäude besuchen? Betreten sie einen Empfang oder gleicht der Raum eher einem unpersönlichen Wartebereich? Können er oder sie sich willkommen fühlen?
Es ist tatsächlich so, dass auf die Damen und Herren am Empfang eine wichtige Funktion zukommt. Der Augenkontakt, das freundliche Lächeln und die verbindliche Ansprache, bei der der Name ausgesprochen wird – es sind Kleinigkeiten, die einen angenehmen ersten Eindruck vermitteln, für den es bekanntlich keine zweite Chance gibt.
Zurück zu meinem Erleben: Ich bin an besagtem Tag in die Sendung förmlich hineingestolpert. Und das hat schließlich dazu geführt, dass ich nicht mein Bestes geben konnte. Ich bin hinter meinen eigenen Erwartungen zurückgeblieben
Nur ein Rädchen im Getriebe?
Es gibt Menschen, die haben eine grandiose Begabung. Sie vermitteln einem das unglaubliche Gefühl, dass es in dem Moment der Begegnung niemanden gibt, der wichtiger sein könnte als man selbst.
Meine Frau hat diese besondere Begabung. In ihrer Gegenwart erlebe ich mich wahrgenommen und verstanden. Das gibt mir ein sicheres Gefühl. Ich kann mich in ihrer Gegenwart entspannen, kann sein, wer ich bin.
Während der besagten TV-Aufzeichnung hatte ich das Gefühl, ein unbedeutendes Rädchen im Herstellungsprozess zu sein. Unausgesprochen waberte die Erwartung im Raum, dass ich liefere.
Natürlich stimmte beides: Ich war tatsächlich nur ein kleines Rädchen im komplexen Getriebe einer Fernsehproduktion und man erwartete berechtigterweise, dass ich abliefere.
Und trotzdem machte das alles etwas mit mir. Die Folge: Ich spielte auf Nummer sicher. Ich brachte nicht den ganzen Kerl mit all seiner Leidenschaft ein und blieb damit weit unter meinen Möglichkeiten. Im Nachhinein ärgere ich mich über mich selbst.
Um es mit einem Beispiel aus der Leichtathletik zu sagen: Die Latte blieb nach meinem Hochsprungversuch zwar liegen. Allerdings nicht, weil ich souverän oben drüber gesprungen war. Nein, gefühlt war ich untendurch getaucht.
Was kann ich tun?
Vielleicht denken Sie jetzt: Das hat doch mit mir und meinem Umfeld nichts zu tun.
Dem würde ich entgegenhalten, dass das Umfeld einer menschlichen Interaktion wesentlich ist, ja sogar über Erfolg oder Misserfolg mitentscheiden kann.
Was also kann ich tun? Was könnte ich beim nächsten TV-Studiotermin anders machen, um ein besseres Ergebnis zu erreichen?
Zunächst einmal kann ich mir einen wichtigen Sachverhalt vor Augen führen. Ich kann aus mir heraus niemanden ändern. Deshalb bleibt mir nur eines:
Ich kann selbst die Initiative ergreifen und mit meinen begrenzten Möglichkeiten die Situation gestalten. So nehme ich Einfluss aufs Große und Ganze. Wenn es schon nicht die anderen tun, weil sie keinen Blick dafür haben oder vielleicht überfordert sind, dann kann ich dem Ganzen eine bessere Richtung geben.
Anders gesagt: Ich muss mich als Gestalter begreifen. Ohne die Situation unangenehm zu dominieren, achte ich darauf, dass Voraussetzungen entstehen können, die dem Erfolg des ganzen Vorhabens dienen.
Aber jetzt zu Ihnen! Haben Sie etwas Vergleichbares erlebt? Eine Situation, die Sie verunsichert hat und über die Sie sich im Nachhinein geärgert haben? Wie sind Sie damit umgegangen? Haben Sie einen Tipp? Schreiben Sie mir. Bitte nutzen Sie dazu das Kontaktformular. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Bildquellen
- In der TV Regie: privat