Eindrücke von einer Filmproduktion

Podcast: Eindrücke von einer Filmproduktion 

Vor einigen Tagen bin ich von einer größeren Filmroduktion in Madrid zurückgekehrt. Ich hatte an der deutschen Sprachfassung eines großartigen Dokudrama-Projekts mitgewirkt. Meine Aufgabe bestand darin, vor der Kamera zu stehen und die Zuschauer mitzunehmen in eine andere, längst vergangene Welt, in die Zeit des Römischen Reichs. 

Darf ich Sie kurz hineinnehmen in das, was ich erlebt habe und was mich seither beschäftigt?

The Heritage Project, so heißt die mehrteilige Dokudrama-Serie, beleuchtet die Geschichte von mutigen Frauen und Männern im antiken Nordafrika. Es waren Christen, die durch ihr Wirken einen großen Einfluss auf ihre Mitmenschen und die römische Gesellschaft hatten. 

  • Ich muss beispielsweise an die scillitanischen Märtyrer aus der Gegend von Karthago denken. Sie wurden wegen ihrer Weigerung, dem Standbild des Kaisers zu huldigen, hingerichtet. 
  • Eine andere, beeindruckende Persönlichkeit war Viktor gewesen. Dem ursprünglich aus Leptis Magna in Libyen stammenden Bischof war es in Rom gelungen, mithilfe von Marcia, einer Konkubine des verrückten Kaisers Commodus, zur Zwangsarbeit verbannte Mitchristen aus den Mienen Sardiniens zu befreien. 
  • Oder Tertullian, der Rechtsgelehrte und Theologe, dessen Gedanken wesentlichen Einfluss auf die Weiterentwicklung der Kirche des 2. und 3. Jahrhunderts hatten. 
  • Und dann kommen mir die beiden jungen Frauen Perpetua und Felicitas in den Sinn. Die eine aus noblem Haus, die andere eine Sklavin. Beide starben wegen ihres Glaubens in der Arena. Begafft von tausenden Schaulustigen wurden sie erst von Leoparden angegriffen und dann von Gladiatoren niedergestreckt.

Bereit, für die eigene Überzeugung einzustehen

Mich hat bewegt, wozu Perpetua, Felicitas und die anderen angeklagten Frauen und Männer bereit waren. Anstatt vor einer Statue dem Geburtsgeist des Kaisers zu huldigen, waren sie willens, für ihre Überzeugungen weitreichende Konsequenzen auf sich zu nehmen.

Dabei wäre es viel einfacher gewesen, wenn sie einen kleinen Kompromiss eingegangen wären und das getan hätten, was damals üblich war. Öffentlich ein bisschen Weihrauch vor einer Marmorstatue zu verbrennen und so dem Caesar Loyalität zu heucheln. 

Die Nordafrikaner, die ich in der besagten Dokudrama-Serie vorgestellt habe, hatten sich ausnahmslos alle entschieden, konsequent für das ihrer Meinung nach Richtige einzustehen und keinen Kompromiss anzunehmen. 

Diese Haltung hat eine bleibende Wirkung entfaltet. Noch heute, 1800 Jahre später, beeindrucken der Mut und die Entschiedenheit, mit der sie gehandelt haben.

Was hat das mit Ihnen und mir zu tun? 

Das Römische Reich ist vor langer Zeit untergegangen. Da stellt sich die Frage, inwieweit das Schicksal dieser Menschen und das, wofür sie gestanden haben, etwas mit mir zu tun haben könnte. 

Situationen, die mich zum Kompromiss verleiten wollen, kenne ich. Meist sind das Dinge, die ich als grau bezeichne, also weder weiß noch schwarz, weder gut noch verwerflich sind. Ich denke beispielsweise an den Umgang mit Halbwahrheiten oder an fragwürdige Abkürzungen, die zwar unerwünschte Probleme elegant lösen helfen, aber nicht 100 % in Ordnung sind. 

In meinem Fall waren es bisher scheinbar harmlos aussehende Dinge, die Vorteile versprochen haben. Aber bei den ich intuitiv gespürt habe, dass mein persönliches Wertesystem angegriffen wurde. Mir hat geholfen, dass ich mir Fragen beantwortet habe, wie beispielsweise diese: Wofür stehst du? Wie willst du leben? 

Und wie ist das, wenn es um andere geht, ich keinen eigenen Vorteil habe? Ich erinnere an den Mut eines Viktors, der bereit war, für zu Unrecht inhaftierte Menschen persönliche Risiken auf sich zu nehmen. Wenn man bedenkt, mit wem er es zu tun gehabt hat, dem sprunghaften und eigensinnigen Kaiser Commodus, dann wird schnell klar, dass dieser Befreiungsversuch auch nach hinten hätte losgehen können. Victor hätte selbst als Zwangsarbeiter in Sardinien landen können. 

Wenn ich für das eintrete, was ich für richtig halte, kann das massive Nachteile nach sich ziehen. Ein Happy End ist nicht garantiert. Mir stellt sich die Frage, ob ich trotzdem bereit bin, mich einzubringen. Gehe ich das Risiko ein? Bin ich dazu bereit, mögliche persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, weil mein innerer Kompass mir die Richtung weist? 

Sie merken: Ich habe in den letzten Tagen viel Stoff zum Nachdenken gehabt. Ausgelöst wurde das durch die bewegenden Geschichten der Frauen und Männer aus einer längst vergangenen Zeit. 

Was ist Ihre Sicht auf das, was ich geschrieben habe? Gerne würde ich von Ihnen hören. Nutzen Sie bitte das Kontaktformular. 

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