Ein wesentlicher Erfolgsfaktor

Podcast: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor

Kurz & knapp: Vertrauen ist ein wichtiger Rohstoff fürs tägliche Miteinander. Das gilt besonders für kritische Prozesse und dort, wo Höchstleistungen gefordert sind.

Vertrauen ist Klebstoff, der Personen in einem Unternehmen nicht nur zusammenhält, sondern das eine oder andere möglich macht, was ein Einzelner nicht zu schaffen in der Lage wäre. 

Sensationelle Teamleistung

Ein faszinierendes Beispiel ist für mich der Boxenstopp während eines Formel 1 Rennens. Binnen Sekunden, und es sind tatsächlich weniger als 5 Sekunden, ist der Bolide hochgebockt, druckbetankt und mit neuen Pneus versehen. Sobald die Fahne das Startzeichen signalisiert, rast der Fahrer davon. Während er aus der Boxengasse zurück auf die Rennstrecke steuert, vertraut er darauf, dass jeder im Team sein Bestes gegeben hat. 

Für einen kurzen Moment denke ich an den Reifenhändler, den ich zweimal im Jahr besuche. Würde ich seinen Mitarbeitern vertrauen, wenn sie mir in weniger als 5 Sekunden (!) alle vier Reifen wechseln? Würden Sie das tun? 

Zurück zur Formel 1. Die Kombination aus hoch konzentrierter Arbeit, technischem Sachverstand, dem passenden Werkzeug und dem Vertrauen ins Team sind wesentliche Faktoren für den weiteren Rennverlauf und können sogar über den Sieg mitentscheiden. 

Warum sind solche Teams Ausnahmeerscheinungen?

Warum sind derartige Spitzenleistungen von Teams die Ausnahme und nicht die Regel? 

Im Rennstall der Formel 1 gelten höchste Maßstäbe.  Der Erfolgsdruck ist groß. Persönliche Befindlichkeiten haben in diesem Umfeld keinen Platz. Jeder weiß, dass das eigene Engagement in beide Richtungen zählt: Tempo und Qualität. – Was nützt ein Reifenwechsel in 3 Sekunden, wenn sich ein Rad in der übernächsten Kurve selbstständig macht?  

Also wird trainiert, bis jeder Handgriff sitzt und mit höchster Geschwindigkeit durchgeführt werden kann.

Meine Gedanken wandern erneut. Ich frage mich:  Warum gelingt das nicht im Alltag? Wieso tendieren Vorgesetzte dazu, ihren Mitarbeitern zu misstrauen? Warum verfalle ich immer wieder in eine argwöhnische Haltung? Liegt das an mir? Fehlt meinem Team die Kompetenz oder der Wille?   

Mich beschleicht die Vermutung, dass ich das Problem bin. Mir fehlt es an Mut, Vertrauen zu praktizieren. 

Eine krasse Lektion

Szenenwechsel: Vor geraumer Zeit habe ich eine niederländische Reportage gesehen. Es ging um ein Camp für Väter und ihre pubertierenden Töchter und Söhne. 

Alle Väter hatten eines gemeinsam. Die Beziehung zu ihren Kindern war – gelinde gesagt – problematisch. Das Vertrauen zwischen den Generationen tendierte gegen null. 

Im Camp ging es ums Klettern. Väter und Töchter oder Söhne lernten miteinander das Klettern am Felsen. Es war für alle Beteiligten ein Abenteuer. Selbst unter der Anleitung von erfahrenen Lehrern gelangten die Beteiligten schnell an ihre Grenzen. Aber nach einigen Tagen beherrschte jeder Camp-Teilnehmer die „vertikale Gangart“ mehr oder weniger gut. 

Schließlich kam der Tag der Wahrheit. Die Kids und ihre Väter wurden zu einer besonderen Stelle geführt. Dort hieß es zur Überraschung aller: Die Väter klettern, die Töchter und Söhne sichern das Seil. 

Können Sie sich das vorstellen? Sie hängen in der Wand und werden von ihrem Sprössling gesichert! Dem Kind, dem Sie ständig Ansagen erteilen müssen. Ihre Gesundheit, ja, Ihr Leben hängt von einem 15-Jährigen ab! 

Keines der Jugendlichen versagte, als es darauf ankam. Jeder kannte die Höhe des Einsatzes, war mit voller Konzentration dabei und bewährte sich, als es darauf ankam.

Wie sich im Nachhinein herausstellte, wurde dieses Camp zum entscheidenden Wendepunkt in der Beziehung der Kinder zu ihrem Vater und umgekehrt. Beide Parteien hatten eine wichtige Lektion gelernt: Dem anderen zu vertrauen oder ihn so zu sichern, dass Papa heil den Felsen hoch und wieder herunterkam.   

Vertrauen beginnt mit einem Entschluss

Darüber zu reden ist eine Sache, Vertrauen zu leben, eine ganz andere. 

Dazu muss ich ins Risiko gehen. Und ich muss bereit sein, meinem Partner am Seil zu vertrauen.  Wer dazu nicht willens ist, muss sich über zwei Nachteile im Klaren sein. 

Erstens. Misstrauen führt im Unternehmen zu unnötigen Vorsichtsmaßnahmen und die wiederum verlangsamen das Vorwärtskommen. 

Zweitens. Nach meiner Erfahrung kommuniziert sich Misstrauen auch ohne Worte, und das sehr effektiv. Mein Gegenüber wird meiner Rede wenig Glauben schenken, da mein Handeln eine andere Botschaft sendet. 

Ich habe mich gefragt, was helfen könnte, Vertrauen aufzubauen. Hier sind ein paar Ideen, die Sie anregen sollen, selbst weiterzudenken.

1. Mehr zuhören als reden

Wer viel redet, kommuniziert Misstrauen und Unsicherheit. 

Viel reden kann eine Form der Selbstvergewisserung darstellen. Indem ich rede, meine ich dafür zu sorgen, dass dem anderen alles Wissenswerte mitgeteilt wird. Die Folge ist, dass ich im Zweifel eher zu viel als zu wenig rede. 

Wer hingegen zuhört und gezielt Verständnisfragen stellt, vermittelt Interesse und die Bereitschaft, zu lernen. Auf diese Weise wird das Fundament für eine vertrauensvolle Beziehung gelegt, denn mein Gegenüber fühlt sich ernstgenommen und verstanden. 

2. Verantwortung übernehmen

Im Englischen gibt es die Redewendung „The buck stops here.“ Sie ist die Weiterentwicklung einer anderen Redensart, die dem amerikanischen Slang entstammt: „pass the buck“ (sich vor der Verantwortung wegducken). 

In einer Rede am 19. Dezember 1952 vor dem National War College sagte der damalige US-Präsident Harry S. Truman

„You know, it’s easy for the Monday morning quarterback to say what the coach should have done, after the game is over. But when the decision is up before you — and on my desk I have a motto which says The Buck Stops Here‘ — the decision has so be made. “ („Wissen Sie, es ist einfach für den Montagmorgen-Quarterback zu sagen, was der Trainer hätte tun sollen, nachdem das Spiel vorbei ist. Aber wenn die Entscheidung vor einem liegt – und auf meinem Schreibtisch steht das Motto ‚The Buck Stops Here‘ – muss die Entscheidung getroffen werden.“)

Sie sind gefragt. Zeigen Sie Flagge. Stehen Sie dafür gerade, auch wenn Sie keinen direkten Einfluss auf die Vorgänge und Zusammenhänge haben, die Sie verantworten müssen. 

Wer so lebt und handelt, dem wächst das Vertrauen seiner Mitarbeitenden zu.

3. Respekt zollen

Äußern Sie öffentlich Ihren Respekt für die Leistung Ihrer Mitarbeiter. Und zwar auch dann, wenn Sie nicht in allen Teilen mit dem Ergebnis übereinstimmen. Würdigen Sie das Bemühen, die Umsicht und auch die Begründung, die dem Handeln zugrunde lagen. 

4. Vertrauen trotz ungünstiger Erfahrungen

Leben Sie, was Sie anderen predigen. Trauen Sie Ihren Mitarbeitern etwas zu, in dem Sie Ihren Worten Taten folgen lassen. Vor allem: Vertrauen Sie trotz gelegentlich ungünstiger Erfahrungen. 

Dazu ein persönliches Beispiel: Als unsere Erstgeborene mit ihrem neuerworbenen Führerschein das erste Mal ins Auto stieg, wir hatten in weiser Voraussicht einen älteren VW Golf als Zweitwagen gekauft. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz. Sie wollte rückwärts aus der Einfahrt ausparken und dann mit mir in die Stadt zu fahren. 

Nachdem ich mich angeschnallt hatte und wir rückwärts zu rollen begannen, warnte ich sie noch. „Achte auf den Baum links hinter dir.“ „Ja, Papa“, antwortete meine Tochter leicht genervt. Etwa eine Sekunde später bliebt der Wagen mit einem kräftigen „Rums“ schlagartig stehen. – Wie war das mit dem Baum, habe ich mir gedacht?

Blechschäden passieren jedem. Und ja, auch ich habe in jungen Jahren reichlich „Knautschlack“ produziert. Die Frage, die auf vergleichbare andere Situationen übertragen werden kann, lautet: Bin ich trotz des Missgeschicks bereit, weiter Vertrauen aufzubringen? Also um der größeren Sache Willen weiter zu investieren? 

Zum Schluss noch ein Hinweis

Ich habe vor einigen Jahren einen kurzen Blog verfasst. Inspiriert von einem Satz des amerikanischen Großinvestors Warren Buffett. Er sagte: „Vertrauen ist wie frische Luft. Solange sie da ist, fällt das niemandem auf. Wenn sie aber nicht da ist, merkt es jeder“. – Den Blog finden Sie, wenn Sie diesem Link folgen

Bildquellen

  • Kuala Lumpur, Malaysia, September28, 2017,: Hafiz Johari / Shutterstock.com

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