Ein Leben führen, das einem selbst gehört

In seiner Laudatio sagte der russische-amerikanische Literaturnobelpreisträger Joseph Brodsky: „Die allerwichtigste Aufgabe besteht darin, ein Leben zu führen, das einem selbst gehört. Eines, das nicht von außen diktiert oder vorgeschrieben wurde, egal, wie edel dieses Leben auch aussehen mag. Denn jeder von uns hat nur ein einziges Leben und wir wissen, wie es enden wird. Es wäre bedauerlich, wenn wir diese eine Chance als Kopie einer anderen Person oder aufgrund der Erfahrungen anderer vergeuden würden.“

Das sind gewichtige Worte! Ausgesprochen von einem Mann, der einen hohen Preis hatte zahlen müssen, „um ein Leben zu führen, dass einem selbst gehört“, Zwangsarbeit und Ausbürgerung aus seiner Heimat eingeschlossen.

Leider trifft auf die meisten Menschen eher das zu, was Henry David Thoreau schreibt: „Die Masse der Menschen lebt ein Leben der stillen Sehnsucht.“

Ich habe mich gefragt: Könnte es sein, dass die Menschen nicht bereit sind, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen? Ertragen sie lieber den Schmerz der ungestillten Sehnsucht als das Risiko, ein selbstverantwortetes Leben zu führen?

Wenn Sie ein regelmäßiger Leser meines Blogs sind, wissen Sie, dass ich immer wieder auf dieses Thema zurückkomme. Ich tue das, weil es mich selbst herausfordert. Ich kenne die stille Sehnsucht, von der Thoreau schreibt und ich weiß auch, dass niemand außer ich selbst etwas dagegen tun kann.

„First things first“ – das Wichtigste zuerst 

Das Wichtigste besteht nach meinem Dafürhalten darin, herauszufinden, wer ich bin. Was macht meine Persönlichkeit aus und mit welchem Gabenprofil bin ich gesegnet? – Ich schreibe bewusst „gesegnet“, denn es ist meine Grundüberzeugung, dass jeder Mensch mit einem besonderen Gabenmix ausgestattet wurde. Sie brauchen bloß 300 Jahre zurückrechnen und werden stauen, dass sich in Ihrem Genpool die Veranlagungen von 4.000 Vorfahren mischen! – Kein Wunder, wenn man bei den eigenen Sprösslingen gelegentlich verunsichert fragt: „Von wem hat er/sie das geerbt?“

Mein Äußerstes für sein Höchstes

Der britische Autor Oswald Chambers ergänzt eine spirituelle Dimension: „Mein Äußerstes für sein Höchstes“. Damit meint er, dass mein Leben mit all seinen Anstrengungen letztlich einem göttlichen Ziel dienen soll – der Ehre meines Schöpfers.

Ich kann diesem Gedanken viel abgewinnen, auch wenn ich respektiere, dass Menschen unterschiedliche Lebens- und Glaubensentwürfe haben. Für mich ist der Gedanke schlüssig, dass ich nicht nur mir selbst gegenüber verantwortlich für mein eigenes Schicksal bin, sondern meinem Schöpfer, der mich als Unikat geschaffen hat und der von mir erwartet, dass ich mein besonderes Gabenprofil verantwortlich entwickle.

Dahindriften, das Leben mit all seinen Möglichkeiten förmlich wegwerfen – das geht gar nicht!

Kopie oder Original?

Was aber auch nicht geht, und damit komme ich auf Brodsky zurück: das eigene Leben zu einem Abklatsch eines anderen zu machen.

Die Gefahr ist real. Zum einen haben Vorbilder etwas Anziehendes. Schnell entsteht der Wunsch, auch so zu sein. Zum anderen ist ja auch wahr, dass zu sich selbst zu finden und die eigene Stimme zu entdecken, unter Umständen Schwerstarbeit ist.

Trotzdem möchte ich Ihnen Mut machen. Leisten Sie sich ein authentisches Leben! Sie sind es wert! Niemand ist so wie Sie. Sie sind eine besondere Persönlichkeit.

Wie geht das? 

Es gibt viele Herangehensweisen. Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, mich im Jahresurlaub für einen oder zwei Tage zurückzuziehen und eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. In dieser Zeit stelle ich mir ehrliche Fragen und überlege, was ich tun kann, um ggf. zurück auf Kurs zu steuern.

Ich habe mir angewöhnt, meine Gedanken aufzuschreiben. Vielleicht auch deshalb, weil ich mich so besser aufs Wesentliche konzentrieren und nach einem größeren Zeitabschnitt überprüfen kann, ob ich noch dort unterwegs bin, wo ich sein will.

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