Dieser blöde Stachel!

Podcast: Dieser blöde Stachel!

Ich schreibe heute über ein sehr persönliches Thema, das mich schon seit Längerem bewegt. Vielleicht haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht. 

Es ist jetzt eine Weile her, da habe ich mich an einem Stück Holz verletzt. Völlig unbeabsichtigt rammte ich mir einen veritablen Spreißel in einen Finger. Sehr unangenehm! Doppelt ärgerlich war der Umstand, dass die notwendige Prozedur, um den Stachel wieder zu entfernen, ebenfalls schmerzhaft war.

Rückblickend auf dieses Missgeschick habe ich mir heute die Frage gestellt: Mal angenommen, ich hätte die Schmerzen der Entfernung gescheut und den Spreißel einfach im Finger gelassen. Was wären die Folgen gewesen? Wäre die Wunde abgeheilt? 

Vermutlich hätte ich fortan darauf achten müssen, dass die verwundete Stelle an meinem Finger keinem Druck ausgesetzt wird. Weil meine rechte Hand betroffen war, wäre ich in meiner Handlungsfreiheit sehr eingeschränkt gewesen. Da der „Übeltäter“ ziemlich tief saß und möglicherweise mit Keimen belastet war, hätte sich eine Entzündung einstellen können. Dann wäre der Heilungsprozess behindert, vielleicht sogar unmöglich geworden. Eine schleichende Vergiftung wäre die Folge gewesen. Nicht gut! Nein, überhaupt nicht gut! 

Dieses Gedankenspiel habe ich dann auf einen Bereich meines Lebens übertragen und mich gefragt: Was ist, wenn mein Nächster mir einen Stachel versetzt?

Zwischenmenschliche Verletzungen können wie Spreißel sein, die man sich zuzieht. Meistens passieren sie versehentlich, manchmal jedoch gezielt und absichtsvoll. Auf alle Fälle können Verwundungen dieser Art ausgesprochen schmerzhaft sein. Und wenn man sich ihrer nicht annimmt, können sie langfristig schlimme Konsequenzen nach sich ziehen. 

Ich möchte nachfolgend aus der Perspektive eines Betroffenen auf das Thema schauen und fragen: Wie kann ich am besten mit der mir zugefügten Verletzung umgehen? 

Methode 1: Keine Beachtung schenken

Menschen entwickeln unterschiedliche Strategien, wie sie mit Verletzungen fertigwerden. Eine davon tut so, als gäbe es sie nicht. Man beißt die Zähne zusammen, macht weiter und lässt sich den Schmerz nicht anmerken. Aber hilft das? 

Wer Schmerzen unterdrückt, braucht Willenskraft. Je nach Schwere der Verletzung kann das auf die Dauer ermüden.   

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es nicht weiterhilft, wenn man Verletzungen ignoriert. Das gilt für physische Schmerzen genauso wie für psychische. Das Gegenteil ist der Fall. Schmerzen sind ja ein Signal des Körpers, das Aufmerksamkeit und Zuwendung auslösen soll.  

So wie eine Wunde, die nicht beachtet wird, sich entzünden und schließlich eitern kann, können Enttäuschungen und Kränkungen langfristige giftige Nachwirkungen im eigenen Leben zur Konsequenz haben. Verlorene Lebensfreude, Bitterkeit, Enttäuschung und dunkle Gedanken gehören dazu.

Methode 2: Bewusste Schonhaltung

Andere versuchen; den Schmerz zu minimieren, indem sie die Ursache (den Splitter) unangetastet lassen, dafür aber die verwundete Stelle möglichst schonen. 

Das mag vorübergehend die richtige Maßnahme sein, wenn ärztliche Kompetenz für die Behandlung erforderlich ist. Meistens wird dieser Weg jedoch beschritten, weil man den Eingriff fürchtet. In diesem Fall wird die Schonhaltung zum Gift, denn sie behindert den Heilungsprozess. 

In ähnlicher Weise meiden einige gekränkte Menschen die direkte Konfrontation mit der Ursache. Ihnen ist es lieber, sich mit ihrer Verletzung zurückzuziehen und diese zu umsorgen. Dabei erliegen sie dem Irrglauben, dass die Zeit die Wunde heilt. Das tut sie nur selten. Sehr selten.   

Deshalb empfiehlt sich der dritte Weg. 

Methode 3: Der Ursache auf den Grund zu gehen

Der gesündeste, aber möglicherweise auch schmerzhafteste Weg besteht darin, den Übeltäter zügig selbst zu entfernen oder entfernen zu lassen. Nur so können die Voraussetzungen für eine schnelle Genesung geschaffen werden.   

Bezogen auf die eigene Verletzung bedeutet das, sich dem zu stellen, was man erlebt hat. Dabei kann eine Frage helfen, die zu beantworten allerdings Mut kostet: 

Was habe ich dazu beigetragen, dass mein Gegenüber sich so verhalten hat?

Wie gesagt, eine ehrliche Antwort auf diese Frage kann die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Problem aus der Welt geschafft wird. 

Mit leichtem Gepäck reisen

Sollte das, worüber ich hier schreibe, bei Ihnen Resonanz finden, dann möchte ich Sie dazu ermutigen, sich so schnell wie möglich dem anzunehmen, was Sie belastet. Je kürzer Sie sich dem aussetzen, desto besser die Chancen einer zügigen und umfassenden Heilung. 

Wer von sich aus die Initiative ergreift und beherzt den verletzenden Stachel entfernt, schafft die Voraussetzung dafür, dass Vergebung ausgesprochen werden und Versöhnung ins Leben Einzug halten kann. – Ich weiß, das kann ein schwieriger Prozess sein. Ein sehr schwerer sogar, wenn Ihnen Unrecht widerfahren ist. 

Trotzdem tun Sie sich den besten Gefallen, wenn Sie dem zu Leibe rücken, was Sie verletzt hat. Sie werden leichter leben und unbeschwerter arbeiten.  

Bildquellen

  • Bild-ID 1420706729: Rihards Lonskis / Shutterstock.com

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