Das Problem mit Glaubenssätzen

Podcast: Das Problem mit Glaubenssätzen

Kurz & knapp: Nicht alle Überzeugungen, denen wir treu anhängen, sind gut für uns. Manches, was früher gut und richtig war, gehört hinterfragt und vielleicht sogar entsorgt. 


Es gibt Überzeugungen, denen wir mit großer Treue anhängen. Ich nenne sie Glaubenssätze, weil sie genau das sind: Eine Ansammlung von Behauptungen und Ideen, denen ich Glauben schenke. Es sind Denkmuster, die Einfluss auf mein Handeln nehmen. 

Ich behaupte, dass es hin und wieder gut ist, die eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen und ggf. sich von ihnen zu trennen. 

Vergangenes Jahr habe ich mich einigen Glaubenssätzen gewidmet. Heute möchte ich dieses Thema nochmals aufgreifen. Starten will ich mit einem Glaubenssatz, auf dem das Geschäftsmodell von einigen Social Media Business-Plattformen beruht.

Nicht deine Fachkompetenz, sondern dein Netzwerk entscheidet.

Diese Botschaft wird zwar von den Betreibern so nicht kommuniziert, aber die Werbung und das Verhalten der Nutzer von Business-Plattformen legt diesen Eindruck nahe.

Klar, sich vernetzen ist immer gut. Aber ich behaupte, dass ein gutes Netzwerk zwar wichtig, aber nicht der entscheidende Faktor für Erfolg ist. Es kommt schon auch ein bisschen auf meine Fachkompetenz und Leistungsbereitschaft an. Die Qualität Ihrer Arbeit spricht eine überzeugendere Sprache als das wohlformulierte Worte und bunte Bildchen können. 

Ein weitverbreiteter Glaubenssatz klingt so: 

Immer locker sein und alles im Griff haben.

Klingt das nicht wie das Sehnsuchtsbild vieler? Wer wäre nicht gerne bekannt als ein freundlicher und zugewandter Mensch. Jemand, bei dem man den Eindruck hat, dass er oder sie den Job im Spezifischen und das Leben im Allgemeinen im Griff hat? 

Und weil ich gerne diesem Glaubenssatz entsprechen will, tue ich das mir Mögliche. Ich setze ein betont freundliches Gesicht auf, gebe mich souverän und entspannt. Im amerikanischen Sprachraum gibt es die Redewendung: „Fake it until you make it“ (Täusche es vor, bis du es schaffst). Mein Problem ist derweil, dass ich tief in meinem Inneren das Gefühl nicht loswerde, gleich unterzugehen oder aber in meinem Nichtwissen ertappt zu werden.

Es gibt nach meinem Dafürhalten einen besseren Weg als den sorgsam inszenierten Alles-im-Griff-Auftritt. Dieser Weg beginnt dort, wo ich zu mir und meiner Situation ein Ja finde, die Herausforderung „umarme“. Das verlangt mir innere Größe ab und eine ordentliche Portion Mut. Wer will öffentlich dafür bekannt sein, dass er oder sie eben nicht alles im Griff hat? 

Ein schöner Nebeneffekt eines ehrlichen Umgangs mit meinen Defiziten besteht darin, dass er meinen Blick auf den anderen verändert. Mit der Zeit lerne ich die Kollegen um mich herum anders zu sehen. Und zwar nicht als Konkurrenten oder Störenfriede, sondern als Personen, die ebenfalls mit Defiziten ringen und vielleicht damit Probleme haben, das zu zugeben.  

Oben wirds einsam.

Stimmt das oder ist das nur einer dieser Behauptungen? Ich habe die Vermutung, dass diese Aussage eher das Selbsteingeständnis einer Führungskraft ist, der soziale Kontakte nicht wichtig sind. Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Führungsverantwortung und Einsamkeit sehe ich nicht. Wohl aber das Bestreben, der Entstehung von Nähe entgegenzuwirken, weil das Verpflichtungen nach sich ziehen könnte.    

Ich glaube, dass ich in meiner Rolle als Führungskraft der Vereinsamung vorbeugen sollte. 

Zum einen sind Menschen soziale Wesen und damit zwingend auf Gemeinschaft angelegt. Zum anderen bringt Interaktion das notwendige Korrektiv mit sich. Sie kann mich vor Dummheiten bewahren.

Alte Knochen taugen zu wenigem 

Es heißt, man könne einem alten Gaul nicht mehr das Springen beibringen. Deshalb solle man ihn der Fürsorge eines Gnadenhofs übergeben und sich auf die jungen Tiere konzentrieren.

Das stimmt … ein Stück weit. Dem alten Hengst fällt das Springen schwerer. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass – wenn er verstanden hat, warum er springen soll – mit einem Mal sehr viel möglich ist. 

Wichtiger als das biologische Lebensalter ist meine Motivation. Und wenn die vorhanden ist, lerne ich auch im hohen Alter. Das schließt Fremdsprachen oder den Umgang mit Technik ein. Der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther hat zu diesem Thema viel zu sagen. 

Fazit

Ich habe oben vier Glaubenssätze skizziert. Vielleicht hat Sie das angeregt, einmal darüber nachzudenken, welchen Erzählungen und Behauptungen Sie anhängen und ob sie für Ihre Lebensumstände immer noch angebracht sind. Wenn nicht, dann machen Sie kurzen Prozess. Verabschieden Sie sich von Ihnen. Schaffen Sie Platz in Ihrem Kopf und in Ihrem Leben. Lösen Sie sich von unnötigem Ballast. 

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