Ich stelle heute drei Faktoren vor, die nach meinem Dafürhalten fortgesetzten Erfolg gefährden können. Klar, es ließen sich noch weitere aufführen. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich werde in den kommenden Wochen das Thema weiterentwickeln.
Heute geht es um dreierlei:
- Die Mission muss vor dem „Druck der Maschine“ geschützt werden.
- Der innere Mensch darf nicht vernachlässigt werden.
- Meine Ansprüche als Führungskraft an die Mitarbeitenden im Verhältnis zu meiner Bereitschaft, mich einzubringen.
Ich kann mir vorstellen, dass Sie jetzt „nichts Besonderes“ zu dieser Aufstellung sagen. Aber tun Sie mir den Gefallen und setzen Sie sich trotzdem damit auseinander.
1. Die Mission dem „Druck der Maschine“ unterwerfen
Mit dem Begriff Maschine umschreibe ich die Gesamtheit der Aktivitäten einer Organisation. Also alle Vorgänge und Prozesse, die notwendig sind, um eine bestimmte Dienstleistung oder ein Produkt herzustellen und erfolgreich auf dem Markt anbieten zu können.
In einer idealen Welt würden sich diese der Mission (weshalb wir überhaupt auf dem Markt agieren) unterordnen. Die „Maschine“ würde effizient das leisten, was notwendig wäre, um die Mission zu erfüllen. Mehr nicht.
Leider ist die Realität anders. Mit der Zeit entstehen Zwänge. Die führen dazu, dass sich Druck aufbaut, der wiederum kompromittierende Auswirkungen auf die Arbeit hat. Infolgedessen werden allerhand Kompromisse eingegangen. Schließlich besteht die reale Gefahr, dass der Fokus sich mit der Zeit verlagert und die Bedienung der Zwänge und Notwendigkeiten die ursprüngliche Mission ablöst.
Das Problem besteht darin, dass es sich einerseits um einen schleichenden Prozess handelt. Andererseits entfalten die Zwänge und Notwendigkeiten eine beeindruckende und verführerische Überzeugungskraft.
2. Den inneren Menschen vernachlässigen
Ich habe bei Baumfällarbeiten vor ein paar Wochen erlebt, wie wichtig gutes Werkzeug sein kann. Ein mächtiger Baum musste umgelegt, zerkleinert und abtransportiert werden. Das war Arbeit für einen kompletten Sonnabend. – Seit diesem Samstag weiß ich, dass das Fällen von Bäumen mit einer stumpfen Kettensäge eine spaßbefreite und mühsame Angelegenheit sein kann.
Zur Werkzeugpflege gehört auch, dass ich mich um mich selbst kümmere, den äußeren und den inneren Menschen. Schon Steven R. Covey hat darauf hingewiesen, dass das Sägeblatt regelmäßig geschärft werden muss.
Vielen ist klar, dass körperliche Fitness und gesunde Ernährung wichtig sind. Demzufolge wird gejoggt, geschwommen oder spazieren gegangen.
Das Sägeblatt schärfen, also sich zu regenerieren, bedeutet aber noch mehr. Mir geht es hier um den inneren Menschen. Der braucht Inspiration. Sei es durch Kunst, gemeinschaftliche Erlebnisse, stille Momente in der Natur oder spirituelle Impulse.
Wer nicht darauf achtet, dass sein „Tank“ ausreichend gefüllt und das Sägeblatt geschärft sind, läuft langfristig Gefahr, innerlich trocken zu fahren oder abzustumpfen.
Infolgedessen werden erst die Arbeit und dann das Leben mit der Zeit zur reinen Pflichterfüllung. Die Freude verabschiedet sich leise. An ihre Stelle tritt die monotone Routine, einen Pflichtenkatalog abzuarbeiten.
3. Mehr von den Leuten fordern als ihnen geben
Wie das konkret aussehen und welche Folgen das haben kann, war in den zurückliegenden Wochen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine augenfällig.
Einerseits konnte man einen Machthaber an einem schier endlos langen Tisch weit weg selbst von den engsten Vertrauten sitzen sehen.
Ein Mann, der von seiner Armee Erfolge einfordert, das aber aus einer großen inneren wie äußeren Distanz tut. Die offensichtliche Botschaft („komm mir nicht zu nahe“) wurde unausgesprochen (durch den sogenannten Subtext) ergänzt. Das könnten beispielsweise sein: Ich will mich vor der Pandemie schützen oder ich habe Angst vor persönlicher Nähe wegen der Möglichkeit eines Attentats.
Für den russischen Präsidenten stehen die persönliche Sicherheit und Machterhaltung im Zentrum seines Denkens und Handelns, während er seiner Armee zumutet, gegen bis aufs Äußerste entschlossene Verteidiger anzutreten.
Wie grundlegend anders ist das Verhalten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj oder der Klitschko-Brüder Vitali und Wladimir Klitschko gewesen, die die Nähe zu ihren Leuten gesucht und mit ihrem Verhalten die Verteidiger in schier auswegloser Lage zu beeindruckender Gegenwehr und beachtlichen Erfolgen inspiriert haben.
Übersetzt auf die berufliche Situation halte ich fest: Menschen haben ein feines Gespür für das, was Vorgesetzte einerseits fordern und andererseits selbst zu leisten bereit sind. Eben dieses Verhalten kann inspirieren oder demotivieren.
Natürlich spielen in einer Leistungsgesellschaft Zahlen eine herausragende Rolle. Performance wird anhand von Kennzahlen und Score Cards bewertet. Das ist unbestritten.
Trotzdem bleibt die Frage: Was sind Führungskräfte bereit zu geben? – Wohlgemerkt, es geht hier nicht ums Geld, sondern um Zuwendung. Gesehen und wertgeschätzt werden, persönliches Engagement. Auf eine kurze Frage reduziert: Bin ich ein Vorbild?
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