Heute ist Palmsonntag. Ich weiß, das ist ein eigenartiger Name für einen Sonntag.
Natürlich weiß ein bibelfester evangelischer oder katholischer Christ sofort Bescheid. Palmen? Jerusalem? Da war doch was!? Ritt Jesus nicht an Palmsonntag unter dem Jubel des Volks auf einem Esel in die Stadt? Richtig!
Pferde oder Esel?
An Palmsonntag geht es um Begeisterung. Um Party und gute Laune. Und es geht um eine sich schnell verändernde öffentliche Meinung.
Aber der Reihe nach: Einer alten Prophetie nach sollte der kommende Friedenskönig auf einem Eselsfüllen in die Stadt reiten. Hier der genaue Wortlaut: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“ Sacharja 9,9 (Übersetzung Luther 2017).
Herrscher nutzten seinerzeit Pferde und Esel als Reittiere. Ein König, der auf einem Esel reitend einzog, machte eine eindeutige Aussage: Ihr braucht euch nicht zu fürchten. Ich komme in Frieden.
Diese weithin bekannte Symbolik nutzend, reitet Jesus tatsächlich am ersten Tag der Karwoche auf einem Esel in Jerusalem ein. Die Menschen, die schon viel über ihn gehört hatten, sind begeistert. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder die andere überlegt haben: Ist es jetzt soweit? Ist dieser Wanderprediger aus Nazareth tatsächlich der versprochene Friedenskönig?
Aber die Begeisterung hält nicht lange vor. Einflussreiche Kräfte arbeiten im Hintergrund. Sie sorgen dafür, dass Jesus in einer Nacht- und Nebelaktion aus dem Verkehr gezogen wird. Nach einem nächtlichen Schauprozess und mit der Amtshilfe des römischen Statthalters Pontius Pilatus wird Jesus bereits am Freitag hingerichtet.
Das Problem der Leute
Das Problem der Beteiligten war, dass jeder in seinem Vorstellungshorizont gefangen war und sich nicht vorstellen konnte, dass die Dinge anders, komplexer und weitreichender sein könnten. Wie meine ich das?
- Die einfachen Leute dachten nur an das, was man ihnen in der Synagoge beigebracht hatte. Ein Friedenskönig aus der Linie Davids würde sein Reich errichten. Dass er die Römer außer Landes werfen würde, nahm man in diesem Zusammenhang als gegeben hin. Auch wenn es so in den heiligen Schriften der Juden nicht vorhergesagt wurde.
- Die Theologen seinerzeit hatten bestimmte Vorstellungen, wie dieser Friedenskönig zu sein hatte. Leider passten ihrer Meinung nach die Kriterien nicht zur Person Jesu. Der Gedanke, dass Gott möglicherweise beabsichtigte, das Thema Erlösung neu aufzurollen und allen Menschen auf der Welt zugänglich zu machen, passte nicht in ihre Vorstellungswelt. – Es lag nahe, in Jesus einen Irrlehrer und potenziellen Unruhestifter zu sehen und ihn aus dem Weg zu räumen.
- Die Politiker wiederum fürchteten das Durchgreifen der römischen Besatzer. Wenn die Römer erst einmal von der Ankunft eines Königs hören würden, könnte das schlimme Folgen für Stadt und Land haben.
Was ich lerne
Was nehme ich aus dieser Geschichte mit? Hier ein paar Anregungen:
- Die Dinge sind nicht immer so, wie sie zunächst den Anschein haben mögen. Im Falle von Jesu Einzug in Jerusalem täuschten sich alle. Keiner, die engsten Vertrauten eingeschlossen, erkannte, worum es wirklich ging.
- Applaus und Hochrufe sind flüchtig. Wer sein Leben und Handeln auf die Zustimmung anderer aufbaut, ist ein armer Wicht. Eine englische Weisheit warnt davor, den Zeitgeist zu „heiraten“. Das könne dazu führen, dass man morgen Witwe(r) ist. Im Falle von Jesus forderten die Volksmassen nur 5 Tage nach dessen bejubelten Einzug in Jerusalem seine Hinrichtung.
- Gott denkt und handelt in anderen Kategorien. Es gibt eine Wirklichkeit und Wahrheiten, die weit über das hinausreichen, was ich mir vorstellen kann. Deswegen ist es gut, wenn ich mich und meine Vorstellungen nicht zum Maß aller Dinge erhebe.
Soweit meine Gedanken zu Palmsonntag. Sollten Sie Interesse an weiteren spirituellen Gedanken haben, dann klicken Sie einfach hier oder den Reiter „Impulse“. Kennen Sie meine Blogs zu Themen rund ums Leben, der persönlichen Entwicklung und Führungsfragen? Herzliche Einladung: Schauen Sie sich um!
Bildquellen
- Street Party in London: Photo by Ehimetalor Akhere Unuabona on Unsplash